Stüürwii ist der beste Wein – Kissis Abschied
Kissi ist heute aus dem Oltner Gemeindeparlament zurückgetreten. Hier seine Abschiedsworte.
Geschätzte Parlamentspräsidentin Laura Schöni,
geschätzter Stadtrat,
geschätzte Mitarbeitende im Stadthaus,
geschätzte Kolleg:innen im Oltner Gemeindeparlament,
und meistens geschätzte Medienvertreter:innen,
Ihr habt es bereits gehört: Das heute war meine letzte Sitzung im Oltner Gemeindeparlament und es wird die wenigsten hier drin überraschen, wenn ich es nicht lassen kann, noch ein paar Sätze dazu zu sagen.
Der hötig Obe het öbertrebe exemplarisch zeigt, dass es höchschti Ziit werd, dassi mini Prioritäte neu ordne.
Der Entscheid zu meinem Rücktritt fiel und fällt mir trotzdem alles andere als leicht. Als ich 2017 gemeinsam mit meinen Mitstreiter:innen von Olten jetzt! ins Parlament einziehen durfte, waren praktisch alle Aspekte meines Lebens mit Olten verbunden. Tag und Nacht in Olten, wobei damals noch deutlich mehr Nächte als zumindest Mörgen unterwegs. Auch deshalb lag für mich damals auf der Hand, auch auf politischem Wege nach bestem Wissen und Gewissen mitzuhelfen, das immense Potential unseres Städtchens auszuschöpfen.
Wie sehr mir das gelungen sein mag, wie viel besser Olten 2023 wirklich dasteht, darf gern jemand anderes beurteilen. In den letzten Monaten musste ich mir jedoch eingestehen, dass mir nicht nur die Zeit und Energie, sondern auch immer mehr die Lust dazu fehlt, die man als gewählter Volksvertreter für dieses Amt aufbringen muss, will man den Oltnerinnen und Oltnern oder zumindest dem Teil, der einen gewählt hat, gerecht werden.
Die Gründe dafür sind vielzählig und grösstenteils positiv, allen voran die Geburt meiner zweiten Tochter Vera im vergangenen September. Im Mai durfte ich zudem die Geschäftsleitung des Kultur- und Konzerthaus KIFF übernehmen. Eine fordernde und zeitintensive, vor allem auch erfüllende Aufgabe, bei welcher ich u. a. tagtäglich erleben darf, wie viel kulturell in einer Kleinstadt und in einem Kanton möglich ist, in der auch bürgerliche Kräfte den Mehrwert von Kultur erkennen und konstruktiv und lösungsorientiert an deren Erhalt und Weiterentwicklung mitarbeiten, anstatt in engstirniger Totalopposition zu bocken. Die Zeit, die wir im Leben haben, ist begrenzt. Drum sollten wir sie am besten dort einsetzen, wo wir die grösste Wirkung und nicht zuletzt auch Vergnügen sehen.
Was meinen Entscheid zudem erleichtert: Mit Vivek Sharma rückt für mich nicht nur ein blitzgescheiter, sondern auch ein ungemein engagierter und wohlwollend kritischer Oltner nach, der sich mit dem benötigten Herzblut für eine lebendige und offene Stadt einsetzen wird.
Auch wenn ich in den vergangenen sechs Jahren also die eine oder andere Enttäuschung schlucken musste, so will ich euch allen doch danken. Dem mir seit dieser Legislatur politisch doch einiges näher stehenden Stadtrat für seine trotz Niederlagen unbeirrt vorangetriebene Arbeit zum Wohle unsere Stadt. Der Stadtkanzlei für ihre Geduld gegenüber meinen verspäteten Antworten per Mail und beim Protokollieren meiner manchmal genuschelten, immer improvisierten und ein bisschen zu oft mit Kraftausdrücken angereicherten Voten. Dem Parlament für die beherzten, wenn auch nicht immer zielführenden Diskussionen. Letztere werde ich, wie euch alle als Menschen, man glaubt es kaum, doch vermissen. Ja, sogar dich Philipp.
Und natürlich ein riesiges Danke an meine Parteikolleg:innen bei Olten jetzt!, die mir so grosszügig das Mikro überlassen haben. Zusammen haben wir in den letzten sechs Jahren gelernt, wie Politik in der Kleinstadt geht.
Ah, und fast vergessen: Danke auch den Oltnerinnen und Oltnern, die mich gewählt haben natürlich. Für das Vertrauen einem langhaarigen, linksversifften Kulturarbeiter und Barkeeper gegenüber und vor allem für das indirekte Bezahlen der vielzählig Apéros, die ich in den letzten Jahren habe geniessen dürfen. Wie sagt man bzw. wie sag’ ich doch so schön: Stüürwii ist der beste Wein.
Und als letzter Hinweis noch, weil ich das immer gefragt werde: Nein, ich plane aktuell noch nicht, nach Aarau zu ziehen. Gut möglich also, dass ich es dann doch nicht ganz werde lassen können, mich hin und wieder zu Politischem in Olten zu melden.
Ich hab gehört, Referenden startender, Leserbriefe und Facebook-Posts schreibender Altpolitiker sei durchaus ein zweiter Karriereweg in dieser Stadt …
In diesem Sinne meine Bitte an euch: Reisst euch zusammen. Für Olten. Merci.