Betreuungsgutscheine abschaffen?

Acht Jahre bin ich nun im Stadtparlament. Acht Jahre voller hitziger Debatten über Steuern, Bauvorhaben, Verkehrschaos. Wir streiten über alles! Nur über eines nicht: unsere Betreuungsgutscheine. Als wir das Reglement am 28. September 2017 einführten, gab es keine einzige Gegenstimme. Seither hat der Stadtrat die Verordnung mehrfach optimiert und die Betreuungsgutscheine bilden einen substantiellen Budgetposten jedes Jahr. Aber ein Antrag auf Abschaffung? Nichts. Selbst die grössten Sparprofis tragen das System mit. Wir sind uns nach wie vor einig: So ist es sinnvoll.
Kürzlich postete ein bürgerlicher Parlamentskollege, der das neue Kita-Gesetz ablehnt, auf Social-Media: «Die Gemeinden wissen selber, wie sie die Kinderbetreuung vor Ort unterstützen und organisieren wollen.» Ja, wir in Olten wissen, wie es geht. Nur, wie ist es möglich, dass es in 30 % der Gemeinden keine Unterstützung gibt?
Keine einzige Person aus Olten sitzt im Nein-Komitee. Wer das System kennt, kann offenbar nicht ernsthaft dagegen sein. Die Opposition kommt von jenen, die nicht verstehen, dass eine alleinerziehende Mutter dank Betreuungsgutschein ihre Stelle behalten kann. Denen nicht klar ist, dass das Kantonsspital Pflegefachkräfte findet, weil diese ihre Kinder betreuen lassen können. Die Horrorszenarien von 100-Millionen-Kosten? Unsere Oltner Realität beweist das Gegenteil.
Olten würde profitieren: Der Kanton würde 40 % unserer Kosten übernehmen. Noch wichtiger: Alle Solothurner Familien erhielten gleiche Chancen. Der Krankenpfleger aus Starrkirch-Wil hätte dieselben Möglichkeiten wie seine Kollegin aus Olten. Auch Kinder mit Behinderung würden nicht mehr diskriminiert – der Kanton übernähme 100 % ihrer Zusatzkosten.
Am 28. September stimmen wir darüber ab, ob ein bewährtes System kantonsweit gelten soll. Mein Kollege hat recht: Olten weiss, wie das mit den Betreuungsgutscheinen geht. Zeit, dass der Kanton mitzahlt und alle Gemeinden nachziehen.
Dieser Text ist am 5. September 2025 in der NOZ als Blickwinkelkolumne erschienen.