Wie hast du’s mit den Vögeln?

Wie hast du’s mit den Vögeln?
Midjourney prompted by Tobi Oetiker

Die neue Pantanal-Voliere im Zoo Zürich wird sich über 11 000 Quadratmeter erstrecken – anderthalbmal die Fläche des ganzen Vögeligartens. Kosten: ein grosser zweistelliger Millionenbetrag.

Im Herbst 2024, als der Stadtrat dem Volierenverein wegen fehlender Zukunftsperspektiven die Unterstützung strich, entdeckten mehrere Lokalpolitiker:innen aus dem bürgerlichen Lager ihre Liebe zur kleinen Stadt-Voliere von 1959 – dieses Frühjahr waren Wahlen. Die gefiederten Insassen wurden zu Wahlkampfmaskottchen. Auch Rolf Sommer engagierte sich als Not-Präsident im Verein und lancierte eine Volksinitiative: Die Stadt soll jährlich 100 000 Franken an den Volierenverein auszahlen – und eine neue Voliere bauen. 

Im Oltner Finanzplan ist rund eine Million für ein Update des Vögeligartens vorgesehen. Doch selbst wenn das gesamte Geld in die Voliere investiert würde, wäre eine tiergerechte Anlage unerreichbar. Der Stadtrat konzentriert sich bei der Planung vernünftigerweise auf Investitionen, die allen zugutekommen. Angedacht sind neue Spielgeräte im südlichen Teil, eine Sanierung der Toiletten, eventuell eine Vergrösserung durch den Einbezug angrenzender Flächen. Ein Prozess mit Beteiligung der Quartierbevölkerung ist ebenfalls vorgesehen. 

Der Vögeligarten könnte ein Vorzeigeprojekt werden – nicht trotz, sondern wegen des Verzichts auf die Voliere. Ein naturnaher Erholungsraum, in dem sich auch Wildvögel wohlfühlen. Wo Kinder Mönchsgrasmücken und Grünfinken in Freiheit erleben, statt Exoten hinter Gittern anzustarren. 

Die Voliere-Debatte zeigt exemplarisch, wie unsere Nostalgie einer rationalen, bedürfnisorientierten Stadtplanung im Wege stehen kann. Aber eine Stadt, die haushälterisch mit ihren Finanzen umgeht, investiert in zeitgemässe Infrastruktur, nicht in sentimentale Relikte. Natürliche Anziehungskraft statt Käfige! Ich wünsche mir einen Vögeligarten, der Menschen und Vögel gleichermassen einlädt, freiwillig zu verweilen.

Dieser Text ist am 30.05.2025 in der NOZ als Blickwinkel-Kolumne erschienen.