Das Budget 2.0 und das Fingerspitzengefühl des Stadtrates

Am Mittwoch, 22. Mai 2019 stand die Besprechung des Budgets 2019 in der zweiten Version auf dem Programm.

Das Budget 2.0 und das Fingerspitzengefühl des Stadtrates

Am Mittwoch, 22. Mai 2019 stand die Besprechung des Budgets 2019 in der zweiten Version auf dem Programm. Die erste Version war Ende 2018 im Parlament mit komfortabler Mehrheit verabschiedet worden. Kurz darauf kam das vonseiten der SVP und FDP sowie von SVP-Kantonsrat Rolf Sommer initiierte Referendum zustande. Seither befindet sich die Stadt in einem budgetlosen Zustand: Es konnten nur Ausgaben getätigt werden, die entweder gesetzlich vorgeschrieben oder vertraglich vereinbart waren (gebundene Ausgaben) oder solche, bei deren Unterlassung grösserer materieller Schaden gedroht hätte.

Diese Situation führte zu schmerzlichen Einbussen in den Bereichen Bau, Kultur, Sport und Bildung. Nachdem das Budget 2019 in der Abstimmung im März von der Oltner Bevölkerung knapp abgelehnt worden war, stellte die Stadtverwaltung im Auftrag des Stadtrats innerhalb eines Monats ein neues Budget zusammen. Diesmal ohne Steuererhöhung.

Im April hat der Stadtrat im Sinne einer Notmassnahme diverse Ausgaben bewilligt, die bisher aufgrund des fehlenden Budgets zurückgehalten worden waren. Die Ausgaben wurden genehmigt, um grösseren Schaden abzuwenden. Leider wurde das Vorhaben des Stadtrates durch eine Einsprache von Rolf Sommer wiederum blockiert. Unterdessen hat der Regierungsrat beschlossen, nicht auf die Einsprache einzutreten. Da jedoch gegen diesen Entscheid erneut Rekurs eingelegt werden kann, sind auch diese Posten weiterhin blockiert. Laut eigenen Angaben überlegt sich Rolf Sommer nun, gegen das unterdessen fast einstimmig verabschiedete Budget 2.0 wiederum das Referendum zu ergreifen – "einfach, um die Stadt etwas zu ärgern".

Da im ersten halben Jahr aufgrund der Blockade viele Ausgaben nicht getätigt und beschlossene Investitionsprojekte nicht gestartet werden konnten, wurden diese im Budget 2.0 eingespart. Gerade bei den Investitionen heisst das natürlich nicht, dass sie nicht mehr notwendig sind, sie können einfach dieses Jahr nicht mehr getätigt werden. So zum Beispiel die Sanierung des Aareufers beim Pontonierhaus, mit der auch ein neuer Aarezugang für die Bevölkerung geschaffen werden soll.

Nebst den tieferen Ausgaben aufgrund der Blockade im ersten halben Jahr führten höher budgetierte Steuereinnahmen zu einem ausgeglichenen Budget. Mittlerweile liegt die definitive Rechnung 2018 vor. Die Tatsache, dass dort eine Steigerung bei den Steuereinnahmen erkennbar ist, konnte beim Budget 2.0 berücksichtigt werden. Insgesamt sind die Einnahmen nun höher veranschlagt als in der Version 1. Es war daher ein Leichtes, die Version 2 des Budgets auch ohne Steuererhöhung sogar mit einem kleinen Überschuss von rund 50'000 Franken zu planen.

Die Fraktions-Voten im Parlament machten klar: Vom neuen Budget ist niemand begeistert. Trotzdem wurde es weithin als akzeptable Zwischenlösung bis zum Budget 2020 betrachtet.

Die FDP und die SVP versuchten in ihren Voten, die Budgetabstimmung noch einmal in eine Abstimmung über den Finanzplan umzudeuten, wie sie das schon im Abstimmungskampf getan hatten. Nur eben, der Finanzplan ist ein Planungsinstrument des Stadtrats und darüber wird nicht abgestimmt. Im Parlament wird er lediglich, mit mehr oder weniger Kommentaren, zur Kenntnis genommen. Von rechter Seite her wurde ausserdem betont, dass die geplanten und nun verschobenen Investitionen aus der ersten Version des Budgets auf keinen Fall als gesetzt für 2020 angesehen werden dürften. Heftiger Widerstand in Bezug auf das kommende Budget wurde vorsorglich schon mal in Aussicht gestellt.

Für Olten jetzt! ist die Situation klar; auch wir sind vom Budget 2.0 nicht begeistert. Unsere Befürchtungen wurden bestätigt: Olten verliert durch das Referendum und die verlorene Abstimmung praktisch ein ganzes Jahr. Mit dem Budget 2.0 werden keine Probleme gelöst, sondern lediglich in die Zukunft verschoben. Der Investitionsbedarf sinkt durch den Aufschub nicht. Erfahrungsgemäss wird dadurch tatsächlich alles noch teurer. Auch was die Steuererhöhung betrifft, haben wir eine klare Haltung. Ein ausgeglichenes Budget 2019 ist für uns kein Grund, in Zukunft auf Steuererhöhungen zu verzichten. In der Stadt Olten stehen grosse und wichtige Investitionen an: das neue Schulhaus und die neuen Turnhallen im Kleinholz sowie die Neugestaltung des Bahnhofplatzes. Die Beschaffung von finanziellen Mitteln über Steuern muss unter diesen Umständen schlicht in Betracht gezogen werden. Dem Budget haben wir schlussendlich zähneknirschend zugestimmt, da sich Olten eine längere Blockade durch ein allfälliges erneutes Referendum nicht leisten kann.

Zur Erfolgsrechnung wurden drei Anträge und in der Investitionsrechnung ein Antrag gestellt:

Laura Schöni von Olten jetzt! stellte den Antrag, dass der vorgesehene Beitrag an die Trendsporthalle Momentum um 13'000 Franken erhöht wird, und so der gleiche Betrag ausgezahlt wird wie im ursprünglichen Budget vorgesehen. Aus Sicht des Stadtrates sollten nun nur noch ¾ des Betrages ausbezahlt werden, da es keine rückwirkenden Zahlungen geben könne. Dies würde ein Präzedenzfall darstellen, der auch bei anderen Organisationen Begehrlichkeiten wecken könnte. Nach der Ansicht von Olten jetzt!, die dann auch von der Mehrheit des Parlamentes geteilt wurde, ist dies nicht der Fall. Das Momentum war im ersten Vierteljahr ihren Zusagen gegenüber der Stadt nachgekommen und hatte den Betrieb auch ohne das Geld der Stadt aufrechterhalten. Dies unter grossem persönlichen Einsatz der Mitarbeitenden und der freiwilligen Helferinnen und Helfer von Momentum sowie aufgrund der Aufnahme eines Darlehens. Dieser Einsatz gehört honoriert. Der Antrag wurde schliesslich mit 28:10 Stimmen angenommen.

Simon Muster von JSP/SP stellte den Antrag, dass die Stadt den freiwilligen Gemeinde-Sozialbeitrag des VSEG (Verein Solothurnischer Einwohnergemeinden) in der Höhe von  27'400 Franken (oder 1.50 pro Einwohner*in) leistet. Das in unseren Augen durchaus berechtigte Anliegen kam jedoch zu einem Zeitpunkt, bei dem es unserer Ansicht nach nicht opportun war, neue Ausgaben im Budget unterzubringen. Wir haben uns daher mehrheitlich der Stimme enthalten. Wir werden jedoch mithelfen, die Vorlage im Herbst fürs Budget 2020 nochmals zu bringen. Der Antrag wurde mit 19:15 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt.

Ein Antrag der Grünen, den Seniorenausflug mit Kosten von 14'000 Franken nachzuholen, wurde mit 20:15 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Da wir der Meinung sind, dass die Seniorinnen und Senioren  durchaus auch im Herbst eine Reise tun können, haben wir den Antrag unterstützt. Gerade bei einem Angebot für die betagten Mitbürger*innen, für die allenfalls im nächsten Jahr ein Ausflug nicht mehr drinliegt, fanden wir diese Streichung besonders stossend. Und leider hat es, wie oben schon geschrieben, nicht gereicht.

Zu guter Letzt wurde der Antrag der CVP/EVP/glp, einen Beitrag von 20'000 Franken für den Generationenspielplatz Stadtpark wieder ins Investitionsbudget aufzunehmen, mit 21:15 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen. Das Pikante an diesem Budgetposten war, dass der Betrag für die Planung des Generationenspielplatzes bereits im Budget 1.0 erst durch parlamentarische Intervention wieder ins Budget aufgenommen wurde.

Sämtliche Anträge wurden vom drohenden Zeigefinger der SVP-Fraktion begleitet. Es wurde uns ans Herz gelegt, bei der Budgetdebatte keine persönlichen Interessen zu verfolgen und uns wurde vorgeworfen, mit dem Erhöhen von Beiträgen ein erneutes Referendum zu riskieren. Dabei liess die SVP durchblicken, dass sie als Stadtpartei kein Interesse an einem zweiten Budgetstillstand hätten, dass es jedoch Exponenten gäbe, welche ein Referendum durchaus noch ein zweites Mal in Betracht ziehen.

Am Schluss der Sitzung beschlich uns ein etwas komisches Gefühl. Wir hatten zwar gekämpft, sogar zwei Abstimmungen zu Anträgen gewonnen. Das Momentum erhält Geld und  die Planung des Generationenspielplatzes läuft weiter. Aber dass hier zwei Projekte betroffen waren, die engagierte Oltner*innen in Eigeninitiative auf die Beine gestellt haben, geriet in der intensiven Diskussion etwas in Vergessenheit. Falls der Stadtrat bei der Budgetplanung nicht realisiert haben sollte, was er mit den "Sparmassnahmen" bei den betroffenen Projekten anrichtet, wäre das erschreckend. Umso mehr, wenn er es absichtlich getan hat. Es sollte nicht am Parlament hängen, solche Patzer auszubügeln, insbesondere wenn es sich dabei um solch kleine Beträge in der Grössenordnung von weniger als 0.5 Promillen des Oltner Budgets handelt. Die Beträge sind zwar klein in Anbetracht des Gesamtbudgets, aber signifikant für die betroffenen Projekte.

Photo by Jaime Spaniol