Sessionsbericht Juni 2025 – #3 Debatte zur geplanten Fusion von sbo und StWZ & Stellungnahme von Olten jetzt!

Die geplante Fusion von sbo und StWZ sorgt für Parlamentsdebatte. Olten jetzt! fordert Stopp der Verhandlungen und Spezialkommission für ergebnisoffene Evaluation aller Optionen.

Sessionsbericht Juni 2025 – #3 Debatte zur geplanten Fusion von sbo und StWZ & Stellungnahme von Olten jetzt!
Fusion / Midjourney Prompted by Tobi Oetiker

Am 23. Juni 2025 gaben die Städtischen Werke Olten (sbo) und die StWZ Energie AG Zofingen in einer gemeinsamen Medienmitteilung ihre Fusionsabsicht bekannt.

In einer dringlichen Interpellation forderten Marc Winistörfer und Luc Nünlist, Mitglieder der Finanzkommission, den Stadtrat auf, zum Vorgang Stellung zu nehmen. Das Parlament befürwortete zu Beginn der Sitzung die Dringlichkeit der Interpellation, sodass im Anschluss an die Diskussion der Rechnung eine Debatte über die angekündigte Fusion stattfand. Der Stadtrat verteilte dazu vor der Pause seine Antworten auf die Interpellation an die Parlamentsmitglieder. 

Die Debatte

Die Fraktionen hatten in der Pause 15 Minuten Zeit, die Antworten zu lesen. Die Stellungnahmen sind auch vor diesem Hintergrund der kurzen Vorbereitungszeit zu lesen. Eine eigentliche Debatte fand nicht statt. 

Die SP/JSP kritisiert primär den intransparenten Prozess und befürchtet eine Schwächung der demokratischen Kontrolle über die Energieversorgung, die sie als öffentliche Aufgabe versteht. Ihre zentrale Forderung ist die Einsetzung einer Spezialkommission für echte parlamentarische Mitsprache.

Die FDP begrüsst das proaktive Handeln der sbo und betrachtet die Fusion als bessere Alternative zu einer Übernahme durch einen Grosskonzern. Sie unterstützt den Schritt, fordert jedoch einen nachweisbaren Mehrwert für die Kundschaft, Mitarbeitende und die Stadt.

Die SVP ist grundsätzlich offen für eine Fusion, stellt aber das Wohl der Kundschaft mit Versorgungssicherheit und bezahlbaren Preisen in den Vordergrund. Sie fordert echte parlamentarische Mitbestimmung, die über eine Begleitgruppe hinausgeht, und die konsequente Wahrung der Oltner Interessen.

Die Mitte/GLP/EVP nimmt eine ausgewogene Haltung ein und sieht sowohl die strategischen Chancen bei der Marktpositionierung und Digitalisierung als auch die Risiken. Sie unterstützt den Prozess, erachtet aber die Mitbestimmung durch eine Vernehmlassung oder eine Spezialkommission als essenziell.

Die Grünen/Jungen Grünen sind konstruktiv-kritisch und beurteilen die Fusion fast ausschliesslich danach, ob sie die Energiewende beschleunigt. Sie betonen die Forderung, dass der Ausbau von Wärmeverbünden und erneuerbaren Energien durch den Zusammenschluss nicht verzögert, sondern gefördert wird.

Was Olten jetzt! dazu sagt

Wir teilen die Einschätzung des Stadtrates, dass die Herausforderungen für unsere Energieversorgerin sbo durch den regulatorischen Druck (Mantelerlass) und die zunehmende Komplexität des Marktes erheblich sind. Es ist unbestritten, dass wir proaktiv handeln und die städtische Energieversorgung für die Zukunft strategisch neu aufstellen müssen. Unser gemeinsames Ziel muss eine sichere, nachhaltige und für die Bevölkerung bezahlbare Lösung sein.

Gerade weil die Weichenstellung für die sbo von derart historischer Tragweite ist, erachten wir einen methodisch einwandfreien, transparenten und ergebnisoffenen Prozess als unabdingbar. Es darf nicht die erstbeste, sondern es muss die nachweislich beste Lösung für Olten gefunden werden.

Spezialkommission einsetzen

Der Stadtrat begründet das bisherige Vorgehen mit der notwendigen Vertraulichkeit bei Fusionsgesprächen. Wir anerkennen diese Notwendigkeit. Das etablierte und staatsrechtlich korrekte Instrument für solche Fälle ist jedoch nicht der Ausschluss des Parlaments, sondern die Einsetzung einer parlamentarischen Spezialkommission, deren Verhandlungen den strikten Regeln des Kommissionsgeheimnisses unterstehen.

Eine informelle «Begleitgruppe», deren Einfluss vom Goodwill der Exekutive abhängt, wird der Tragweite dieses Geschäfts nicht gerecht. Sie besitzt weder die formellen Untersuchungsrechte noch das politische Gewicht einer Kommission. Das Parlament darf bei einem Geschäft dieser Grössenordnung nicht nur nachgelagerter «Genehmigungserteiler» sein. Als oberstes Aufsichtsorgan der sbo muss es am Anfang der Strategiefindung stehen, nicht an deren Ende.

Alle Optionen prüfen

Der Fokus auf eine «Fusion unter Gleichen» mit der StWZ Energie AG greift zu kurz und birgt die Gefahr, dass vorteilhaftere Optionen für Olten unberücksichtigt bleiben. Wir fordern deshalb keine Entscheidung für einen spezifischen Partner, sondern einen ergebnisoffenen Evaluationsprozess.

Folgende strategische Grundszenarien müssen von unabhängiger Seite analysiert und verglichen werden:

  1. Fusion unter Gleichen: Zusammenschluss mit einem ähnlich grossen Unternehmen wie der StWZ Energie AG aus Zofingen. Das ist offenbar die favorisierte Variante des Verwaltungsrates der sbo.
  2. Integration in einen grossen, etablierten Energieverbund: Zusammenschluss mit einer Partnerin, die über grosse Investitionskraft und umfassende Expertise in der Energiewende verfügt (z. B. Primeo, BKW, Axpo).
  3. Vertiefte Kooperation ohne Fusion: Prüfung strategischer Partnerschaften in spezifischen Geschäftsbereichen (z. B. Netzbetrieb, Energiehandel), bei denen die sbo eigenständig bliebe.

Die Bewertung dieser Szenarien muss anhand eines vom Parlament im Voraus zu definierenden, transparenten Kriterienkatalogs erfolgen.

Ziele messbar machen

Als Massstab für die Evaluation fordern wir Antworten auf die Kernfragen der Oltner Bevölkerung:

  • Beschleunigung der Energiewende: Welches Modell garantiert die grösste Investitionskraft und die schnellste Umsetzung von Wärmenetzen und erneuerbaren Energien direkt in Olten?
  • Tarife und Servicequalität: Welches Modell bietet durch Effizienzgewinne und Skaleneffekte das grösste Potenzial für langfristig stabile oder sinkende Tarife für Haushalte und Gewerbe?
  • Demokratische Kontrolle: Wie wird der Einfluss der Stadt Olten in der jeweiligen Governance-Struktur konkret und verbindlich gesichert?
  • Arbeitsplätze und Standort: Welches Szenario sichert die Arbeitsplätze der sbo-Mitarbeitenden am Standort Olten am besten?

Fazit

Aus diesen Gründen stellen wir folgende Forderungen:

  1. Stopp der exklusiven Verhandlungen: Die Verhandlungen mit der StWZ Energie AG sind zu sistieren, bis ein sauberer Evaluationsprozess definiert ist.
  2. Einsetzung einer Spezialkommission: Es ist umgehend eine parlamentarische Spezialkommission einzusetzen, die unter Geheimhaltungspflicht den gesamten Prozess begleitet und steuert.
  3. Erstellung eines Kriterienkatalogs: Die Spezialkommission erarbeitet einen verbindlichen Kriterienkatalog zur Bewertung der strategischen Optionen, welcher dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt wird.
  4. Ergebnisoffene Evaluation: Der Stadtrat wird beauftragt, eine professionelle und vergleichende Analyse der definierten Szenarien (Fusion unter Gleichen, Integration, Kooperation) auf Basis des genehmigten Katalogs durchzuführen.

Die regulatorischen Herausforderungen des Mantelerlasses sind real und erfordern wohlüberlegtes Handeln. Doch gerade in Zeiten des Umbruchs sind demokratische Prozesse und parlamentarische Kontrolle keine Hindernisse, sondern Garantien für nachhaltige und breit abgestützte Lösungen.