Sessionsbericht Juni 2025 – #2 Fraktionsvotum von Olten jetzt! zu den Verwaltungsberichten 2024

In den Verwaltungsberichten beschreiben die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, woran sie im letzten Jahr gearbeitet haben, was die Erfolge waren und wo die Herausforderungen lagen. Mehrfach waren die Herausforderungen hausgemacht – durch das Parlament.

Sessionsbericht Juni 2025 – #2 Fraktionsvotum von Olten jetzt! zu den Verwaltungsberichten 2024
Das Parlament und die Verwaltung – Midjourney prompted by Tobi

Lieber Thomi
Lieber Stadtrat
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Liebes Publikum

Wir haben nun von verschiedenen Redner:innen freundliche Worte zu den Verwaltungsberichten des Jahres 2024 gehört. Auch wir möchten den Direktionen und allen Mitarbeitenden unsern Dank ausdrücken.

Die Berichte zeichnen das Bild einer Verwaltung, die nicht nur verwaltet, sondern mitarbeitet: Mitarbeitet bei der Planung der Zukunft unserer Stadt und bei der Umsetzung von Projekten. Wir sehen konkrete Erfolge: Das Schulhaus Kleinholz wurde eröffnet, die Stadtteilverbindung Hammer hat an der Urne eine überzeugende Mehrheit gefunden und die Umstellung auf eine energieeffiziente Strassenbeleuchtung ist weit fortgeschritten. Gleichzeitig werden mit der Ortsplanungsrevision, dem Energieplan oder der Digitalisierungsstrategie die entscheidenden strategischen Grundlagen für die kommenden Jahre gelegt.

Besonders anerkennenswert finden wir den partizipativen Geist, der viele dieser Projekte prägt. Ob bei der Einsetzung eines Migrationsbeirats oder der Begleitung der Ortsplanung durch eine Echogruppe – die Verwaltung sucht den Dialog und bezieht die Bevölkerung und die Interessengruppen aktiv mit ein. Konzepte werden weiterentwickelt, damit noch mehr Menschen in die Entwicklung unserer Stadt eingebunden werden können. Das ist gelebte Demokratie und verdient unsere volle Unterstützung. 

Doch ich finde, diese Berichte sollten nicht nur als Anlass sein, um unsere Anerkennung auszudrücken. Genauso sollten sie Anlass sein für Selbstreflexion. Sie werfen nämlich eine entscheidende Frage auf: Schaffen wir als Parlament die notwendigen Voraussetzungen, damit die Verwaltung die Beschlüsse des Parlaments auch wirksam umsetzen kann? Oder legen wir ihr bewusst Steine in den Weg? Die Lektüre der Berichte legt nahe, dass wir uns dieser Frage ganz konkret stellen müssen.

Ein Beispiel, das nachdenklich stimmt, ist die «Strategie Kulturstadt Olten 2024–2030». Ein breit abgestütztes Konzept, das die Bedeutung der Kultur für unsere Stadt unterstreicht. Es wurde in einem gross angelegten Prozess mit Beteiligung der Bevölkerung und vieler kultur-aktiver Menschen erarbeitet. Doch als es darum ging, die für die Umsetzung nötigen Ressourcen in Form einer 60%-Fachstelle zu schaffen, hat dieses Parlament den Antrag abgelehnt. Es ist eine politische Realität, die wir nicht ignorieren dürfen: Diese Ablehnung wurde mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien durchgesetzt. Der Verwaltungsbericht formuliert die Konsequenz unmissverständlich und nüchtern: Die Strategie kann nun «nicht im gleichen Ausmass wie mit zusätzlichen Ressourcen geplant umgesetzt werden». Hier entsteht eine Kluft zwischen dem, was wir strategisch wollen, und dem, was wir zu ermöglichen bereit sind. Das ist ein Widerspruch, der die Arbeit der Verwaltung erschwert und die Glaubwürdigkeit unserer eigenen Beschlüsse infrage stellt.

Ein zweites Beispiel ist die schier endlose Geschichte um die Kirchgasse 8 und 10. Der Bericht dokumentiert die Rückweisung der Vorlage durch das Parlament im Januar 2024 und die darauf folgende Einsetzung einer Spezialkommission. Anstatt einen klaren Auftrag zu erteilen, schaffen wir Umwege, die enorme personelle und finanzielle Ressourcen in der Verwaltung binden, Unsicherheit für wichtige Kulturpartner wie das IPFO und das Kunstmuseum schaffen und eine wichtige städtebauliche Entwicklung im Herzen der Innenstadt verzögern.

Das Parlament hat auch die dringend benötigte zusätzliche Stelle im Tiefbau abgelehnt und die Kostensenkungsmassnahmen beim Amt für Kindes- und Erwachsenenschutz verhindert. Beides wurde in den Verwaltungsberichten nicht thematisiert. Warum wohl? Haben die zuständigen Mitarbeitenden resigniert? Erwähnen möchte ich es an dieser Stelle trotzdem. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was sind die Folgen solcher Entscheide? Sie führen zu Verzögerungen. Sie verursachen massive Mehrkosten und haben Kündigungen von zentralen Know-How-Träger:innen zur Folge. Aber lasst mich auch über die weniger offensichtlichen, menschlichen Folgen sprechen, die in keiner Rechnung abgebildet werden. Versetzt euch bitte für einen Augenblick in die Situation derjenigen Menschen, die bei der Stadtverwaltung angestellt sind: Sie arbeiten monatelang engagiert an einem Projekt, entwickeln auf unseren Auftrag hin tragfähige Konzepte, investieren Herzblut und Fachwissen. Und dann erleben sie, wie ihre Arbeit durch politische Manöver blockiert oder durch widersprüchliche Entscheide zerredet wird. Das ist mehr als nur frustrierend. Das ist demotivierend. Es ist, als würde man von der Verwaltung Höchstleistung verlangen, während man ihr gleichzeitig Sand ins Getriebe streut. Diese Art von politischem Zickzackkurs zermürbt und untergräbt die Moral derjenigen, die tagtäglich für unsere Stadt arbeiten.

Lasst uns diese Verwaltungsberichte deshalb auch als Anstoss nehmen, unsere eigene Rolle zu hinterfragen. Unsere Aufgabe ist es, der Verwaltung klare, kohärente und verlässliche Mandate zu erteilen und die dafür nötigen Mittel bereitzustellen. Lasst uns die engagierte Arbeit der Verwaltung würdigen, indem wir ihr die Rückendeckung geben, die sie für die Umsetzung unserer gemeinsamen Ziele braucht. Nur so kann unsere Stadt ihr volles Potenzial entfalten.

Besten Dank.