Krematorium, Kinderhort, Klima und weitere Themen, die nicht mit K anfangen – Sessionsbericht September 2023
Was das Parlament in der September-Session besprochen hat, was Olten jetzt! davon hält und wie es weitergeht.
Variantenabstimmung Krematorium und Abdankungshalle
Der Kremationsofen im Friedhof Meisenhard muss aus Sicherheits- und Umweltschutzgründen Ende Jahr ausser Betrieb genommen werden. Der Stadtrat möchte ihn nicht ersetzen, da dies wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint, und da rund um Olten mehrere Gemeinden Krematorien mit genügend Kapazität betreiben.
Die Oltner Stimmbevölkerung hat es jedoch vor zwei Jahren in einer Referendumsabstimmung abgelehnt, das Bestattungsreglement so zu ändern, dass Olten kein Krematorium mehr betreiben muss. Der Stadtrat hat daher eine Projektplanung zum Ersatz des Ofens in Auftrag gegeben. Dabei wurde klar, dass die Abdankungshalle, in der sich der Ofen befindet, in einem miserablen bautechnischen Zustand ist, und zusätzlich zum Ofen dringend saniert werden muss.
Der Stadtrat will die Bevölkerung zwischen zwei Projektvarianten wählen lassen: a) Ersatz des Ofens und Sanierung der Abdankungshalle (8,9 Millionen Franken) oder b) Sanierung der Abdankungshalle und Abbau des Ofens (4,8 Millionen Franken).
Was im Parlament diskutiert wurde: Mitglieder von SVP, CVP, EVP und GLP erachten es als Missachtung des "Volkswillens", dass die Stimmberechtigten die Option haben sollen, nur die Abdankungshalle zu erneuern und auf den Entscheid für das Krematorium zurückzukommen. Die meisten Voten drehten sich dann auch um diese Fragen und weniger um das Bauprojekt selbst.
Was wir dazu meinen: Wie schon bei der Abstimmung über das Bestattungsreglement teilen wir die Meinung des Stadtrates. Olten braucht kein eigenes Krematorium. Wir erachten jedoch die Renovation der Abdankungshalle für zentral – sie ist ein wichtiger Ort für Abschiedsfeiern, gerade auch für Menschen, die sich nicht einer Kirche zugehörig fühlen. Dank der Varianten-Abstimmung können die Oltner:innen die Lösung wählen, die ihren Bedürfnissen am besten entspricht.
Was das Parlament entschieden hat: Nach endlos scheinender Diskussion fand eine klare Mehrheit der Parlamentsmitglieder, dass es richtig ist, den Abstimmenden die Entscheidung zwischen den beiden Varianten zu überlassen, da erst jetzt die Kostenfolgen des Sanierungsprojektes klar sind.
Wie es weiter geht: Im Januar oder April wird die Oltner Bevölkerung an der Urne über das Geschäft entscheiden können.
Geschäftsverwaltungssoftware GEVER
In einer Stadtverwaltung werden unzählige Geschäfte bearbeitet: E-Mail-Anfragen aus der Bevölkerung, parlamentarische Aufträge, Einsprachen, Baubewilligungen. Bis jetzt erfolgt dies je nach Bereich mit deutlich unterschiedlichem Organisationsgrad. Die parlamentarischen Aufträge zum Beispiel werden vom Stadtschreiber in einer Excel-Tabelle verwaltet. Die Datenablage besteht aus einem geteilten Laufwerk. Die meisten Verwaltungsabläufe sind gut eingespielt, aber oft nicht dokumentiert oder durch entsprechende IT-Prozesse geführt.
Mit einer Geschäftsverwaltungssoftware (GEVER) werden diese Probleme gelöst. Viele unserer Nachbargemeinden haben ein solches System schon im Einsatz.
Was diskutiert wurde: Die meisten Parlamentsmitglieder stehen dem Vorhaben positiv gegenüber. Simone Sager-Roth von der FDP, die bei der Stadt Aarau mit einem GEVER-System arbeitet, berichtete dem Parlament, welche Vorteile eine solche Software hat.
Bei den Fraktionen SVP und Mitte/GLP/EVP wollte nicht wirklich Freude aufkommen. Im GEVER-Projekt ist nämlich eine 40-Prozent-Stelle vorgesehen, um das System innerhalb der Stadtverwaltung organisatorisch zu betreuen und den Support sicherzustellen. Das möge zwar nützlich sein, aber die masslose Aufblähung des Staatsapparates müsse gestoppt werden! Das GEVER-Projekt sei abzulehnen.
Was wir dazu meinen: Es ist höchste Zeit, dass die Stadtverwaltung organisatorischen Anschluss an die Neuzeit findet. Wir begrüssen explizit, dass nicht nur die Software angeschafft wird, sondern dass auch der lokale Support sichergestellt wird. Wir werden den Erfolg der GEVER-Einführung in der Steigerung der Dienstleistungsqualität messen und nicht am Potential zur Personalreduktion.
Was das Parlament entschieden hat: Mit klarer Mehrheit hat das Parlament den beantragten Nachtragskredit beschlossen, sodass die Einwohnergemeinde Olten das Einführungsprojekt für die GEVER starten kann.
Wie es weiter geht: Die GEVER-Software wird nun schrittweise in der Stadtverwaltung eingeführt. Sukzessive werden sich die besser strukturierten Prozesse auch in der Interaktion mit der Bevölkerung bemerkbar machen.
Ausserschulische Kinderbetreuung
Ein paar Tage vor der Session haben Mitglieder der Fraktionen Mitte/EVP/GLP und FDP eine dringliche Interpellation mit Fragen zur ausserschulischen Kinderbetreuung eingereicht. Das Parlament hat der Dringlichkeit der Interpellation zugestimmt, daher haben wir uns am zweiten Sessionstag erst mal ausführlich über Kinderbetreuung unterhalten.
Einerseits wissen wir nun, dass es den Verfasser:innen nicht darum geht, dass die schulergänzende Kinderbetreuung in Olten ausgebaut wird. Vielmehr geht es darum, dass die bestehenden Anbieter:innen nicht von der Stadt konkurrenziert werden sollen und dass die Stadt keine neuen Dienstleistungen anbieten soll. Neue Dienstleistungen heisst neue Stellen und das gehe nicht – auch dann nicht, wenn die Stellen durch die Einnahmen aus dem Betreuungsangebot finanziert werden.
Dank der ausführlichen Interpellationsantwort von Stadtrat Nils Loeffel haben wir einiges in der Sache gelernt. Erkenntnisgewinn in fünfzehn Punkten:
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Es gibt zwei Arten der organisierten Kinderbetreuung:
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Die Kindertagesstätte (Kinderkrippe) – die familienergänzende Kinderbetreuung.
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Der Kinderhort – die schulergänzende Kinderbetreuung.
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Es gibt in Olten mindestens neun Kinderkrippen. Sowohl von kommerziellen Anbieter:innen als auch von gemeinnützigen, lokalen Vereinen.
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Kinderhorte werden in Olten an vier Standorten angeboten. Zwei vom gemeinnützigen Frauenverein Olten (GFVO), zwei von den kommerziellen Anbieterinnen SmallWorld und easy-kid-care.
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Das Angebot an Betreuungsplätzen ist deutlich kleiner als die Nachfrage.
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Die Kinderkrippe Olten und die GFVO haben Pläne, zusätzliche Hortplätze anzubieten. Wobei beide Projekte aktuell durch Einsprachen von Anwohnenden blockiert sind.
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In den letzten Jahren wurden mehrere parlamentarische Vorstösse eingereicht, mit dem Ziel, dass die Stadt dafür besorgt sein soll, dass mehr Betreuungsplätze angeboten werden.
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Im neuen Schulhaus Kleinholz wird Infrastruktur für 60 Hortplätze gebaut.
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Der GFVO hatte erwartet, dass es eine Ausschreibung für den Betrieb des Kleinholz-Schulhorts geben wird und sich Chancen ausgerechnet, diese Ausschreibung zu gewinnen.
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Die Stadt hat im Mai ihre Pläne veröffentlicht, selber ein schulergänzendes Betreuungsangebot in den Räumen des Kleinholzschulhauses aufzubauen.
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Die Preise für das städtische Betreuungsangebot werden sich an den tatsächlichen Kosten orientieren. Die Dienstleistung wird selbsttragend betrieben werden.
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Die Tatsache, dass die Stadt nun selber als Anbieterin von Hortplätzen auftreten wird, hat bei den aktuellen Hortanbieter:innen Unsicherheit ausgelöst.
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Der Bildungsdirektor Nils Loeffel geht davon aus, dass es mindestens zehn Jahre dauern wird, bis die Stadt im Bereich schulergänzender Betreuung ein ausreichendes Angebot bereitstellen kann.
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Die Stadt plant keine Aktivitäten im Bereich familienergänzender Betreuung. Diese Dienstleistungen sollen weiterhin von kommerziellen und gemeinnützigen Anbieter:innen erbracht werden.
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Der akute Mangel an Hortplätzen hatte diesen Sommer dazu geführt, dass die Stadt in einem Volksauftrag mit 200 Unterschriften (30 wären nötig) ultimativ dazu aufgefordert worden war, den Mangel zu beheben.
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Die Interpellant:innen beschäftigte vor allem die Frage, ob die Stadt mit dem eigenen Hortangebot die Vereine und Firmen, welche die bestehenden vier Horte auf Stadtgebiet betreiben, konkurrenzieren würde. Der Mangel an Hortplätzen schien wenig bis gar nicht zu interessieren.
Mehr zu dem Thema werden wir in der November-Session erfahren, wenn der Stadtrat dem Parlament die Vorlage zum Kinderhort im Kleinholzschulhaus vorlegen wird.
Wir von Olten jetzt! freuen uns darauf und stehen der Initiative der Stadt positiv gegenüber. Bezahlbare schulergänzende Kinderbetreuung muss ein selbstverständliches städtisches Angebot sein, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherzustellen. Dadurch, dass die schulergänzende Kinderbetreuung von der Stadt direkt angeboten wird, kann sie optimal auf den Schulbetrieb abgestimmt werden.
Kein Prüfauftrag für ein Werbeverbot auf öffentlichem Grund
Die SP/JSP wollte den Stadtrat beauftragen, in der Stadt Olten ein Werbeverbot auf öffentlichem Grund einzuführen. Die Werbung würde ein unerwünschtes Konsumverhalten fördern, dies vor allem auf Kosten einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen.
Was diskutiert wurde: Ausserhalb der SP/JSP-Fraktion fand die Idee nur wenig Anklang. Zu klein sei die zu erwartende positive Auswirkung einer solchen Massnahme, meinten die einen. Das ist *#&(*#&$$(@ *%$@!, meinten die anderen. Wobei sie diese Meinung natürlich mit etwas gewählteren Worten ausdrückten.
Was wir dazu meinen: Wir sind nicht Werbefans, sehen es aber nicht als grundsätzlich problematisch, wenn die Öffentlichkeit auf Produkte oder Dienstleistungen aufmerksam gemacht wird. Insbesondere sehen wir es als nicht praktikabel an, zwischen guter und schlechter Werbung zu unterscheiden. Im Vorstoss der SP/JSP wird Werbung für kulturelle Angebote vom Verbot ausgenommen. Zählt ein Konzert der Stones im Hallenstadion auch dazu, oder ist Kultur nur dann gut, wenn niemand davon leben kann?
Was das Parlament entschieden hat: Das Parlament hat den Vorstoss mit klarer Mehrheit für nicht erheblich erklärt.
Wie es weitergeht: Der Vorstoss wird nicht weiterbearbeitet.
Prüfauftrag: Sicherheit für Velofahrende an der Kreuzung Neuhardstrasse–Unterführungsstrasse
Ursprünglich hatte Timo Probst (Junge SP) in seinem Vorstoss gefordert, dass an der Kreuzung Neuhardstrasse–Unterführungsstrasse ein Velostreifen eingezeichnet werden solle. Der Stadtrat hatte in seiner Antwort darauf hingewiesen, dass die Strasse an der Stelle zu wenig breit wäre für einen Velostreifen.
Timo hat im Vorfeld der Parlamentssitzung seinen Auftrag so verändert, dass nur noch allgemein Ideen zur Verbesserung der Sicherheit gefordert wurden.
Was diskutiert wurde: Dass die Situation für Velos in Olten verbesserungswürdig ist, war unbestritten. Ob die Verkehrssituation an der Kreuzung Neuhardstrasse–Unterführungsstrasse besonders problematisch ist, wurde jedoch teilweise in Frage gestellt.
Der Stadtrat und einzelne Parlamentsmitglieder gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass es nicht zu einem Trend werde, den Vorstosstext nachträglich zu ändern, wenn einem die Antwort des Stadtrates nicht gefällt.
Was wir dazu meinen: Die Verbesserung der Sicherheit für Velofahrende ist ein wichtiges Anliegen. Wir selbst waren massgeblich beteiligt an der Formulierung des Vorstosses zur Verbesserung der Sicherheit auf dem Klosterplatz, der in einer der nächsten Sitzungen bearbeitet wird. Wir erachten jedoch die Situation an der Neuhardstrasse als weniger problematisch.
Mit dem neuen Wortlaut fordert Timo, dass der Stadtrat Lösungen zur Verbesserung der Sicherheit prüfen soll. Genau das macht der Stadtrat jedoch schon im Rahmen des Masterplans Velo, der Ende Jahr veröffentlicht wird. Im Masterplan geht es um alle Problemstellen auf dem Stadtgebiet. Wir haben daher beantragt, dass der Auftrag nach der Erheblichklärung gleich abgeschrieben wird.
Was das Parlament entschieden hat: Das Parlament hat den Auftrag mit klarem Mehr erheblich erklärt. Die gleichzeitige Abschreibung fand jedoch keine Zustimmung.
Wie es weitergeht: Aktuell erarbeitet der Stadtrat gerade den Masterplan Velo, in dem alle «Problemstellen» des Veloverkehrs bezeichnet und in einem ganzheitlichen Konzept angegangen werden sollen. Es ist daher nicht zu erwarten, dass noch vor der Veröffentlichung dieses Masterplans zusätzliche Massnahmen für die Kreuzung Neuhardstrasse–Unterführungsstrasse geplant oder ergriffen werden.
Nachhaltigkeit und Klimawandel in der Gemeindeordnung
In zwei separaten Vorstössen haben wir zusammen mit den Grünen/jungen Grünen und der SP/jungen SP angeregt, die Gemeindeordnung um die Themen Nachhaltigkeit (wirtschaftlich, sozial und ökologisch) und Klimawandel zu ergänzen.
Damit soll eine klare gesetzliche Grundlage geschaffen werden, für aktuell schon laufende Projekte – wie zum Beispiel die neue Fachstelle für Energie, Klima und Umwelt – sowie für zukünftige Vorhaben in den beiden Bereichen.
Was diskutiert wurde: Bei der Diskussion des Paragraphen zur Nachhaltigkeit überraschte die SVP mit einem zustimmenden Fraktionsvotum. Wobei sie bei der Nachhaltigkeit vor allem den wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund sahen. Die FDP fand, dass beide Themen nicht so wichtig seien, dass sie etwas in der Gemeindeordnung zu suchen hätten. Insbesondere befürchten die Sprecher:innen der FDP und SVP, dass die Formulierung zum Klimawandel als Blankovollmacht für staatliche Mehrausgaben genutzt werde.
Was wir dazu meinen:. Die beiden Aufträge erachten wir als sehr wichtig. Als Parlament sind wir für den Inhalt der Gemeindeordnung verantwortlich und es ist höchste Zeit, die Anpassung an die Realität vorzunehmen. Der Klimaschutz und Massnahmen zur Milderung der Folgen des Klimawandels werden zu den grössten Themen der nächsten Jahrzehnte zählen
Was das Parlament entschieden hat: Dass die Nachhaltigkeit in die Gemeindeordnung gehört, sahen alle ausser der FDP. Bei der Ergänzung zum Klimaschutz und den Massnahmen zum Umgang mit den Folgen waren alle ausser FDP und SVP dafür.
Wie es weitergeht: Der Stadtrat muss nun dem Parlament zwei Vorlagen unterbreiten, um die Gemeindeordnung wie gewünscht anzupassen. Wenn das Parlament zustimmt, werden die Anpassungen den Stimmberechtigten zur Entscheidung unterbreitet.
Damit waren die zwei Sitzungsabende auch schon durch. Leider blieben viele Aufträge unerledigt auf der Traktandenliste stehen. Wir werden vermutlich erst in der Januarsitzung wieder parlamentarische Vorstösse bearbeiten können, da wir vorher mit dem Budget, Finanz- und Investitionsplan sowie weiteren Geschäften des Stadtrats beschäftigt sein werden.