Vorschau auf die Parlamentssitzung vom September 2025

Am 25. September tritt das neu konstituierte Gemeindeparlament zur ersten regulären Sitzung zusammen. Zum ersten Mal seit acht Jahren herrscht in der Oltner Legislative keine Pattsituation mehr. Die progressiven Fraktionen verfügen zusammen neu über 21 Sitze, die bürgerlichen über 19.

Vorschau auf die Parlamentssitzung vom September 2025
Fraktion Olten jetzt! August 2025

Wir freuen uns, dass Olivia Imhof neu ins Parlament gewählt wurde, sodass Olten jetzt! nun mit sieben Personen vertreten ist.

In der konstituierenden Sitzung vom August hat die neue Parlamentspräsidentin Ursula Rüegg (SVP) zu mehr Zusammenarbeit aufgerufen. Am Donnerstag wird sich zeigen, inwiefern wir in der Lage sind, diesen Wunsch zu erfüllen. Als Erstes geht es nämlich um die Volièren-Volksinitiative von Rolf Sommer, mit der er erreichen will, dass die Stadt in Zukunft 100 000 Franken pro Jahr an den Volièrenverein auszahlt und eine umfassende Sanierung der Volière durchführt.

Volièren-Volksinitiative

Worum es geht

Rolf Sommer hat vor ein paar Wochen eine Volksinitiative mit folgendem Wortlaut eingereicht: «Gestützt auf Art. 2 der Gemeindeordnung wird der Stadtrat von Olten beauftragt, alles zu tun, um den Erhalt der Städtischen Volière im Vögeligarten in der heutigen Grösse sicherzustellen und dass die Gebäudlichkeiten den Klimazielen, Tierschutz- und den Behindertenvorgaben genügen. Sie unterstützt die Dienstleistung, aktuell des Volièrevereins Olten, die Hege und Pflege der Vögel, mit mindestens CHF 100 000 (indexiert nach dem Landesindex der Konsumentenpreise LIK) pro Jahr. Rückwirkungsklausel: Die Initiative gilt bei Annahme rückwirkend auf den 1. Juli 2025.»

Warum das wichtig ist

Der Stadtrat plant die Weiterentwicklung des Parks unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Menschen, die den Park als Erholungsraum nutzen. Dazu wurde ein breit angelegter Beteiligungsprozess gestartet. Die Initiative ihrerseits fordert, dass die Stadt das bestehende Volièrengebäude aus den 50er Jahren in der heutigen Grösse entsprechend aktueller gesetzlicher Vorgaben saniert und zukünftig den Volièrenverein mit 100 000 Franken pro Jahr unterstützt.

Die Umsetzung der in der Initiative geforderten Erneuerungsmassnahmen sind mit Kosten in unbekannter Höhe verbunden, die das städtische Budget belasten würden – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Ressourcen, die für das Weiterentwicklungsprojekt Vögeligarten zur Verfügung stehen.

Das Parlament entscheidet an der Sitzung am Donnerstag, ob die Initiative dem Stadtrat überwiesen werden soll, zur Erarbeitung einer entsprechenden Parlamentsvorlage, oder ob die Initiative dem Souverän zur Entscheidung unterbreitet werden soll.

Was Olten jetzt! dazu sagt

Die Initiative beruft sich auf Artikel 2 der Gemeindeordnung. Es ist zu prüfen, ob der Volièrenbetrieb unter die dort definierten städtischen Aufgaben fällt. Wir denken, eher nicht. In unseren Augen stellen die Forderungen der Initiative eine Gefahr für den vom Stadtrat eingeschlagenen Weg zur Aufwertung des Vögeligartens mit breiter öffentlicher Beteiligung dar. Wir sehen zudem die Käfighaltung von Vögeln kritisch und als eine tierschützerische Herausforderung

Wir werden uns im Parlament dafür einsetzen, dass die Initiative möglichst bald zur Volksabstimmung kommt und die Oltner Bevölkerung entscheiden kann, was ihr der Erhalt der Volière wert ist und ob sie diese Art der Tierhaltung sinnvoll findet.

Parlamentarische Vorstösse

Auch in dieser Parlamentssession werden wir uns primär mit parlamentarischen Vorstössen beschäftigen. Aktuell sind 19 Vorstösse traktandiert. Zudem wurden zwei dringliche Interpellationen eingereicht. Normalerweise dauert die Behandlung eines Geschäftes etwa 40 Minuten. Bei dringlichen Vorstössen kommt die Diskussion über die Frage der Dringlichkeit hinzu. Die Sitzung vom Donnerstag dauert voraussichtlich von 19 bis 22 Uhr. Wir werden in dieser Zeit vier bis fünf Geschäfte bearbeiten können. Wir gehen daher im Folgenden nicht auf alle anstehenden Vorstösse ein, sondern nur auf diejenigen, die voraussichtlich zur Sprache kommen werden.

Dringliche Interpellation FDP: «Exodus in der Direktionskonferenz»

Die FDP-Fraktion nimmt die jüngsten Kündigungen in der Direktionskonferenz zum Anlass für eine dringliche Interpellation. Innerhalb weniger Wochen haben zwei Führungspersonen ihre Vertragsauflösung bekanntgegeben: Die Co-Leiterin Bildung/Sport Barbara Rebsamen nach nur sieben Monaten im Amt sowie Direktionsleiterin Kristine Sprysl (Soziales). Diese kommen zu den Abgängen der letzten zwei Jahre hinzu: Direktionsleiter Thomas Küng (Bildung/Sport) 2023 und der langjährige Tiefbau-Chef Urs Kissling, der dieses Frühjahr seine Kündigung auf Ende September einreichte.

Die FDP stellt Fragen zu möglichen strukturellen Problemen, den finanziellen Folgen (Rekrutierungskosten, externe Beratung) und dem Know-how-Verlust.

Olten jetzt! unterstützt eine transparente Aufarbeitung der Situation. Die städtischen Mitteilungen nennen als Gründe «unterschiedliche Ansichten zum Führungsverständnis» (Soziales) und «unterschiedliche Erwartungen an das Stellenprofil» (Bildung/Sport). Beim Ausscheiden des Leiters der Direktion Bildung/Sport 2023 erwähnt die Stadt explizit eine «Belastungssituation durch Personalausfälle» und dass mit den «aktuellen Ressourcen die notwendigen Veränderungen nicht umgesetzt werden» konnten.

Besonders bedauernswert ist der Abgang von Urs Kissling nach 32 Jahren Dienst für die Stadt. Nach unseren Informationen erfolgte sein Rücktritt als direkte Reaktion auf die Ablehnung zusätzlicher Stellen im Tiefbau durch das Parlament – trotz anstehender Grossprojekte wie der Stadtteilverbindung Hammer und dem neuen Bahnhofplatz. 

Interessanterweise wird der Austritt von Urs Kissling in der Interpellation nicht hinterfragt, obwohl das Ausscheiden von Kissling definitiv den grössten Know-How-Verlust für die Stadt bedeutet. Antworten zu diesem Thema wären wohl zu unangenehm für die bürgerlichen Meinungsführer bei der Ablehnung der Stellenanträge.

Aus unserer Sicht bietet die Interpellation Gelegenheit, eine parlamentarische Diskussion über die Personalsituation in der Stadt zu führen:

  • Die konkreten Umstände der einzelnen Vertragsauflösungen
  • Die Rahmenbedingungen in den betroffenen Direktionen
  • Die Frage der Ressourcenausstattung, über die das Parlament regelmässig entscheidet
  • Mögliche Verbesserungen bei der Rekrutierung und den Führungsstrukturen

Wir erwarten vom Stadtrat eine sachliche Beantwortung der Fragen und werden die Diskussion konstruktiv begleiten. Unser Ziel ist es, dass die Stadtverwaltung ihre Aufgaben optimal erfüllen und qualifiziertes Personal gewinnen und halten kann.

Diese Diskussion ist wichtig, aber nicht dringlich, da bereits Übergangslösungen implementiert wurden und die Aufgabenerfüllung sichergestellt ist.

Dringliche Interpellation: Wie weiter mit der Notschlafstelle?

In Olten als Zentrumsgemeinde stranden regelmässig Personen ohne Unterkunft. Der Aufbau einer Notschlafstelle war in Olten schon im letzten Jahrhundert ein Thema. Ab 1985 wurde direkt beim Bahnhof an der Tannwaldstrasse 50 vom Verein Notschlafstelle Olten eine solche betrieben. Der Verein konnte den Betrieb leider nicht längerfristig sichern. Der Raum wird jedoch bis heute sozial genutzt. Aktuell von der Stiftung Solodaris für die Wohngruppe Tannwald.

Im Frühjahr 2024 hat der Verein Schlafguet an der Bleichmattstrasse 21 den Betrieb einer Notschlafstelle aufgenommen. Der Verein sieht sich jedoch aus finanziellen Gründen gezwungen, die Notschlafstelle per Ende Oktober 2025 zu schliessen.

Sieben Parlamentsmitglieder stellen aus diesem Anlass in einer dringlichen Interpellation dem Stadtrat diverse Fragen zum Thema.

Olten jetzt! befürwortet die Dringlichkeit der Interpellation, da das Thema vielen Menschen in Olten unter den Nägeln zu brennen scheint. Wir haben unsererseits dem Verein Schlafguet mehrere Fragen zu den Nutzungszahlen durch die verschiedenen Bedarfsgruppen unterbreitet, da die im Jahresbericht veröffentlichten Zahlen keine entsprechenden Rückschlüsse zulassen. Wir hoffen, die Informationen noch rechtzeitig zur Parlamentsdebatte zu erhalten, um eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema zu ermöglichen.

Auftrag: Mehr Unterstützung von jungen Eltern in Olten

Die SP/JSP-Fraktion möchte mit ihrem Auftrag erreichen, dass die Stadt Eltern durch geeignete Informations- und Unterstützungsangebote gezielt unterstützt. Konkret werden zwei Modelle vorgeschlagen: die «Elternbriefe» von Pro Juventute (sowohl in gedruckter als auch digitaler Form) und die mehrsprachige App Parentu.

Olten jetzt! unterstützt diesen Vorstoss, da niederschwellige Angebote zur Elternunterstützung einen Beitrag zur Chancengleichheit leisten. Die vorgeschlagenen Elternbriefe sind ein schweizweit bewährtes Instrument, um Eltern in ihrer Erziehungsaufgabe zu begleiten. Die App Parentu ergänzt dies durch mehrsprachige, digitale Informationsvermittlung über bestehende Angebote der frühen Förderung. Wir werden den Auftrag als erheblich erklären.

Auftrag: Sexuelle Gesundheit 2.0 – kostenlose Tests ermöglichen

Die SP-Fraktion fordert mit ihrem Auftrag ein zweijähriges Pilotprojekt für kostenlose STI-Tests für unter 25-Jährige und Personen mit tiefem Einkommen und rechnet mit Kosten von 35 000–40 000 Franken pro Jahr. Der Stadtrat lehnt den Auftrag ab: Die Zuständigkeit liege beim Kanton, und anonyme Tests seien bei einer städtischen Lösung nicht möglich, da der Wohnort nachgewiesen werden müsste.

Olten jetzt! sieht den Nutzen von niederschwelliger STI-Tests, es bleiben jedoch wichtige Fragen offen:

Anonymität vs. Berechtigung: Der Stadtrat betont, anonyme Tests wären nicht möglich – dabei ist Anonymität für viele entscheidend, wichtiger noch als der finanzielle Aspekt.

Nachbetreuung: Wer übernimmt die Betreuung bei positiven Testergebnissen? Ist Beratung im Testangebot inbegriffen?

Epidemiologische Wirksamkeit: Ein nur auf Olten beschränktes Angebot hat eine beschränkte Wirkung in Bezug auf die STI-Eindämmung, da sexuelle Kontakte nicht an der Stadtgrenze haltmachen. 

Wir werden die Parlamentsdebatte aufmerksam verfolgen und je nach persönlicher Einschätzung der einzelnen Fraktionsmitglieder abstimmen.

Die Sitzung wird auf YouTube live übertragen. Schau doch vorbei!