Sessionsbericht Juni 2025 – #4 Was im Parlament zur Jahresrechnung 2024 der Stadt Olten gesagt wurde

Oltens Jahresrechnung 2024 schliesst mit 5,5 Mio. Überschuss statt budgetiertem 3,5 Mio.-Defizit ab. Das Parlament lobt, kritisiert und warnt. Einstimmige Annahme.

Sessionsbericht Juni 2025 – #4 Was im Parlament zur Jahresrechnung 2024 der Stadt Olten gesagt wurde
Geldsegen / Midjourney Prompted by Tobi Oetiker

Bei der Debatte zur Jahresrechnung gab es zwar nicht wirklich was zu entscheiden – das Geld ist ja schon weg — doch die Fraktionen nutzen jeweils die Gelegenheit, um ihre Einschätzung der finanziellen Lage der Stadt zu teilen und die Arbeit der Verwaltung und des Stadtrates zu würdigen.

Um ein möglichst authentisches Bild der Debatte wiederzugeben, versuchen wir, die Aussagen aller Parteien möglichst akkurat abzubilden. Jedoch möchten wir die Aussagen im Abschnitt “Tadel” nicht unkommentiert stehen lassen und haben sie jeweils mit einer kurzen Stellungnahme versehen.

Die Debatte

Lob

Die Jahresrechnung 2024 schliesst mit einem erfreulichen Überschuss von 5,5 Millionen Franken ab, statt des budgetierten Defizits von 3,5 Millionen Franken. (FIKO, SVP, SP/JSP, FDP, Grüne/JG, Mitte/GLP/EVP, Olten jetzt!)

Die stabile Bilanz mit einem Bilanzüberschuss von 126,4 Millionen Franken zeigt eine solide finanzielle Grundlage der Stadt. (FIKO, FDP)

Die Finanzverwaltung und das Team um Urs Tanner haben hervorragende Arbeit geleistet und alle Fragen kompetent beantwortet. (FIKO, SVP, SP/JSP, FDP, Grüne/JG, Mitte/GLP/EVP)

Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt mit 1'356 Franken deutlich unter den budgetierten 2'800 Franken. (Grüne/JG, Olten jetzt!)

Mit einem Steuerfuss von 108 Prozent liegt Olten deutlich unter dem kantonalen Durchschnitt. (Grüne/JG, SP/JSP)

Die Verwaltung hat bedeutende Projekte wie den Bau des Schulhauses Kleinholz erfolgreich umgesetzt. (Olten jetzt!)

Die Budgetgenauigkeit von etwa 5 Prozent ist eine beachtliche Leistung angesichts der langen Vorlaufzeit. (Olten jetzt!)

Tadel

Die Mehrausgaben von fast 7 Millionen Franken gegenüber dem Budget zeigen eine mangelnde Budgetdisziplin. (FIKO, SVP, FDP, Mitte/GLP/EVP)

Oj! – Der Vorwurf der mangelnden Budgetdisziplin teilen wir nicht, denn die Mehrausgaben lagen weitgehend ausserhalb der direkten Kontrolle der Stadtverwaltung. Die Kosten im Sozial- und Pflegebereich werden vom Kanton der Stadt in Rechnung gestellt (2,2 Mio). Die höheren Personalkosten entstanden im Zusammenhang mit der Einrichtung der Talentförderklasse, der Neueinstufung von Lehrpersonal (gemäss kantonalen Vorgaben), höheren Vergütungen für Stellvertretungen (auch das ein kantonaler Entscheid) und der Einrichtung zusätzlicher Sekundarschulklassen. (0,9 Mio). Der zusätzliche Sachaufwand kommt daher, dass der Stadtrat mit einem Korrekturfaktor die eingegebenen Sachkosten um 1,4 Millionen kürzte, da in anderen Jahren die Sachkosten jeweils um etwa diesen Betrag tiefer ausgefallen waren als budgetiert. Nachdem diese Annahme in den letzten beiden Jahren aber nicht eintraf, wurde der Korrekturfaktor schon beim Budget 2025 wieder weggelassen. Zudem fielen im Zusammenhang mit der Umstellung auf LED-Strassenbeleuchtung unerwartete Sachkosten von 0,5 Millionen an.

Das Klumpenrisiko bei den Steuereinnahmen ist besorgniserregend, da fünf Unternehmen für 75 Prozent der Steuererträge juristischer Personen verantwortlich sind. (FIKO, SVP, FDP, Mitte/GLP/EVP)

Oj! – Ja, wir sehen das Risiko, und ein solches Risiko erfordert eine Planung, die diesem Risiko Rechnung trägt. Vom Stadtrat implizit zu fordern, er solle dafür sorgen, dass das Klumpenrisiko kleiner wird, würde bedeuten, dass er die anderen juristischen Personen dazu bringen müsste, auch mehr Steuern zu zahlen. Ob das im Sinne der bürgerlichen Parteien wäre, wagen wir zu bezweifeln.

Die laufenden Kosten steigen schneller als die Einnahmen, was auf ein strukturelles Defizit hindeutet. (FIKO, SVP, FDP, Mitte/GLP/EVP)

Oj! – Nein, die Kosten sind nicht mehr gestiegen als die Einnahmen, sonst hätte sich der budgetierte Verlust nicht in einen Gewinn verwandelt. Aber ja, demografischer Wandel und wachsende Aufgaben erfordern entsprechende Ressourcen – das ist kein strukturelles Problem, sondern gesellschaftliche Realität. 

Der Sachaufwand überschreitet das Budget um 2 Millionen Franken, die Personalkosten steigen weiter über das geplante Mass hinaus. (Stadtrat, SVP, FDP, Mitte/GLP/EVP)

Oj! – siehe dazu die Aufstellung in der Anmerkung zu den Mehrausgaben am Anfang dieses Abschnitts. 

Der Selbstfinanzierungsgrad von nur 65 Prozent liegt deutlich unter dem Zielwert und gilt als problematisch. (Stadtrat, SVP, FDP)

Oj! – Letztes Jahr musste, wie geplant, der Grossteil der Rechnungen für den Bau des neuen Schulhauses Kleinholz bezahlt werden. Dieser Betrag war natürlich höher als die jährlich verfügbaren Investitionsmittel. Entsprechend tief war der Selbstfinanzierungsgrad. Das ist weder erstaunlich noch alarmierend. Im Budget 2024 war sogar mit einem noch viel tieferen Selbstfinanzierungsgrad gerechnet worden. Dank der unerwarteten Steuererträge ist die Belastung nun kleiner ausgefallen als befürchtet.

Die Pro-Kopf-Verschuldung ist von 1017 auf 1356 Franken gestiegen, nachdem sie seit 2015 kontinuierlich abgenommen hatte. (Stadtrat, SVP)

Oj! – Auch hier geht es um die Finanzierung des Kleinholzschulhauses. Der Anstieg von 339 Franken ist moderat. Insbesondere wesentlich moderater als die budgetierten 1783 Franken. 

Die Nachtragskredite haben sich gegenüber den Vorjahren auf über 4 Millionen Franken verdreifacht. (FIKO, FDP)

Oj! – Wenn ein Betrag nicht im Budget ist, muss dafür ein Nachtragskredit gestellt werden. So ist das Verfahren. Wofür das Geld ausgegeben wurde, haben wir weiter oben dargestellt. Die meisten zusätzlichen Ausgaben waren ausserhalb der Kontrolle der Stadt.

Der Stellenaufwand ist um 8,5 Stellen gestiegen, was der angestrebten Verwaltungseffizienz widerspricht. (FDP, SVP)

Oj! – 3,3 Stellen wurden zur Umsetzung der Tagesstruktur Kleinholz benötigt, finanziert durch die Leute, die von dem Angebot Gebrauch machen. Vier Stellen wurden in der Direktion Soziales für Optimierungen in der Fallbearbeitung geschaffen, teilweise finanziert vom Kanton, alles mit dem Ziel der Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Dazu kamen Stellenprozente für die Sportkoordination (eine Funktion, die im November 2024 vom Parlament in eine permanente Anstellung überführt wurde), krankheitsbedingte Abwesenheiten und zusätzliche Prozente für die neue Stadtarchivarin im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Geschäftsverwaltungssoftware. Der Fokus auf die Lohnkosten vernachlässigt die Wirkung der Arbeitsleistung dieser Angestellten komplett.  

Allgemeine Überlegungen

Die hohen Transferkosten im Bereich Pflegefinanzierung und Ergänzungsleistungen werden vom Kanton vorgegeben und entziehen sich weitgehend der städtischen Kontrolle. (Stadtrat, SP/JSP, FDP, Grüne/JG)

Der demografische Wandel führt zwangsläufig zu höheren Kosten im Alters- und Pflegebereich, die weiter steigen werden. (SP/JSP, Grüne/JG)

Investitionen in Prävention, Betreuung und vielfältige Angebote sind notwendig, um zukünftige Lasten abzufedern. (SP/JSP, Grüne/JG)

Eine Diskussion über eine mögliche Steuerfusserhöhung wird unausweichlich sein, um die Qualität der Stadt zu erhalten. (SP/JSP, Grüne/JG)

Das kantonale Sozialgesetz belastet die Gemeinden massiv und müsste auf kantonaler Ebene reformiert werden. (FDP, Stadtrat)

Die Stadt muss eine Balance zwischen notwendigen Investitionen in Infrastruktur und einer nachhaltigen Verschuldung finden. (Mitte/GLP/EVP, Olten jetzt!)

Das Parlament sollte der Verwaltung klare, kohärente und verlässliche Aufträge erteilen und die nötigen Mittel bereitstellen. (Olten jetzt!)

Die volatilen Steuereinnahmen juristischer Personen erfordern eine vorsichtige und nachhaltige Finanzplanung. (Alle Fraktionen)

Der Entscheid

Die Rechnung wurde einstimmig genehmigt.

Was Olten jetzt! dazu sagt

Unsere Haltung zu den Themen haben wir in zwei separaten Posts veröffentlicht, zur Rechnung und zum Verwaltungsbericht.