Zäme goht’s! – Sessionsbericht März 2024
Am Donnerstag, 21. März 2024 tagte das Stadtparlament und nur ein einziger externer Zuschauer war vor Ort: David Annaheim von der NOZ. Dabei waren die Themen, die wir behandelten, durchaus relevant.
Parlamentarische Spezialkommission fürs Kunstmuseum
Nachdem das dringende Projekt zur Sanierung des Kunstmuseums schon zweimal im politischen Prozess gestrandet ist, will der Stadtrat nun gemeinsam mit einer parlamentarischen Spezialkommission eine mehrheitsfähige Lösung finden.
Die Diskussion: Es ist klar; alle sind eigentlich für eine Spezialkommission und haben das in ihren Voten auch so erläutert. Philippe Ruf und Matthias Borner von der SVP war es jedoch wichtig, zu betonen, dass sie eine solche parlamentarische Kommission a) schon vor zwei Jahren gefordert hatten und b) dass es jetzt doch etwas schnell gehe mit dieser Kommission. Man solle doch 2–3 Jahre warten, bis neue Kräfte in Parlament und Stadtrat frischen Wind in das Dossier bringen können.
Leider wurde weder aus den Statements der Fraktionen noch aus dem Votum des Stadtpräsidenten klar, wie sie sich die Arbeitsweise der Kommission konkret vorstellen. Ganz zu schweigen davon, ob es sich um die gleiche Vorstellung handelt. Was heisst es konkret, gemeinsam eine breit abgestützte Lösung zu erarbeiten? Der Stadtpräsident jedenfalls betonte, diesmal würden die Kommissionsmitglieder schon vor den Sitzungen mit Unterlagen versorgt. Tobi Vega von der SP-Fraktion schlug vor, dass sich die Kommissionsmitglieder auch unabhängig von den offiziellen Sitzungen treffen sollten, um Lösungen zu finden.
Der Entscheid: Die vorgängig zugestellten Informationen und eine Einigung der Fraktionen ohne Einbezug des Stadtrates werden kaum ausreichen, um die gemeinsame Arbeit am Dossier in konstruktive Bahnen zu lenken. Aber, und das ist ein Lichtblick, das Parlament hat der Schaffung der Kommission einstimmig zugestimmt.
Was Olten jetzt! dazu sagt: Wir sind froh, dass es nach der Rückweisung im Januar nun weitergeht mit der Causa Kunstmuseum.
Bedauerlicherweise haben sich die Personen, die beim Referendum gegen das erste Projekt und bei der Rückweisung im Januar federführend waren, nicht für die Mitarbeit in der Spezialkommission zur Verfügung gestellt. Wir hoffen sehr, dass dies dazu führt, dass einfacher eine tragfähige Lösung gefunden werden kann, und nicht dazu, dass das Projekt von den üblichen Verdächtigen umso hemmungsloser ein drittes Mal zum Entgleisen gebracht werden kann.
Vom Stadtrat erwarten wir, dass er aus den Rückmeldungen zu seiner Vorgehensweise bei der Arbeit mit der Begleitkommission Innenstadt vom letzten Jahr lernt. Die Mitglieder der neuen Spezialkommission sollen sich aktiv in den Lösungsfindungsprozess einbringen und so die gemeinsame Lösung dann auch mittragen können – in den Fraktionen und schliesslich im Parlament.
Denise Spirig wird sich für Olten jetzt! in der Kommission engagieren und sich für eine ausgewogene Lösung einsetzen.
Wie es weitergeht: Die Kommission wird sich in den nächsten Wochen treffen und als Erstes die allgemeine Stossrichtung diskutieren. Laut Aussage des Stadtpräsidenten sollen alle Optionen auf den Tisch gelegt werden: von der Weiterbearbeitung des aktuellen Projektes bis zur Schliessung des Kunstmuseums. Bei einer allfälligen Schliessung wäre vor allem der weitere Unterhalt der riesigen Kunstsammlung zu klären. Das Thema wurde 2014 aufgrund eines Postulats von Gert Winter (SVP) schon ausführlich analysiert.
Beamtenstatus Stadtschreiber:in
Markus Dietler war die letzten 20 Jahre Stadtschreiber von Olten und wird im Februar 2025 in Pension gehen. Die Position soll im Rahmen der Neubesetzung den Beamtenstatus und die damit verbundene Wahl durch das Parlament verlieren. Dadurch wird die Personalsuche deutlich vereinfacht. Die Kandidierenden müssen sich keiner öffentlichen Wahl (respektive «Nicht-Wahl») stellen, und somit ihre Absicht, die Stelle zu wechseln, nicht vorzeitig öffentlich bekannt machen. Dazu ist eine Änderung der Gemeindeordnung mit Parlamentsbeschluss und anschliessendem Volksentscheid notwendig.
Die Diskussion: Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) hatte aufgrund einer unzureichenden Dokumentation in Bezug auf die demokratiepolitischen Folgen der beantragten Änderung die Rückweisung des Geschäftes beantragt.
Unterdessen lieferte der Stadtrat jedoch die geforderten Unterlagen nach. Da der Antrag der GPK jedoch schon gestellt war, galt es erst einmal, darüber abzustimmen. In den Fraktionsvoten haben die GPK-Mitglieder Christine von Arx von der SP und Thomas Fürst von der FDP ihre Gedanken zur Rückweisung dargelegt. Während die Unterlagen des Stadtrates Christine von Arx von der Sinnhaftigkeit des Vorgehens überzeugen konnten, liess sich Thomas Fürst nicht umstimmen. Viel Rückhalt gab es im Parlament für den Rückweisungsantrag der GPK jedoch nicht. Er wurde mit 30:7 bei einer Enthaltung abgelehnt.
In der Diskussion gab es zwei grosse Themen. Die einen erachteten es als wichtig, gute Voraussetzungen zu schaffen, um die Stelle neu zu besetzen. Die andern beschäftigten sich weiterhin intensiv mit den Verschiebungen im Machtgefüge, die dadurch entstehen würden, dass das Parlament die Stadtschreiberin oder den Stadtschreiber nicht mehr wählen und alle vier Jahre im Amt bestätigen könne.
Dabei herrschte Einigkeit, dass die Person auch in Zukunft so oder so fast ausschliesslich für den Stadtrat arbeiten wird und daher die ganze Diskussion weitgehend akademischer Natur war.
Der Beschluss: Das Parlament stimmte der Änderung der Gemeindeordnung mit 30 zu 8 Stimmen zu. Die acht Personen aus den Reihen der FDP und SVP, welche gegen die «Entbeamtung» stimmten, taten dies wohl primär aus Protest gegen die in ihren Augen zunehmende Machterosion bei den Kompetenzen des Parlamentes zugunsten des Stadtrates. Eine Vorstellung, die von den anderen Parlamentsmitgliedern offensichtlich nicht geteilt wurde.
Was Olten jetzt! dazu sagt: Wir hoffen, dass unter den neuen Voraussetzungen bald eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger für Markus Dietler gefunden werden kann, sodass eine geordnete Übergabe der Aufgaben und gründliche Einführung möglich ist.
Wie es weiter geht: Im Juni wird die Stimmbevölkerung über die Änderung der Gemeindeordnung abstimmen. Der Stadtrat wird den Rekrutierungsprozess umgehend starten. Falls möglich, wird die neue Person ihre Stelle schon am 1. Oktober 2024 antreten.
Politische Rechte für Personen mit umfassender Beistandschaft
Die UNO-Behindertenrechtskonvention macht klare Vorgaben: Alle Menschen sollen sich am politischen Prozess beteiligen können. Dazu sind Stimmrecht und auch politische Informationen in einfacher Sprache notwendig. Im Kanton Solothurn ist eine entsprechende Initiative im Stadium der Unterschriftensammlung. Da die Sammlung schleppend verläuft, sollen nun zehn Gemeinden mit ihrer Unterstützung die Einreichung der Initiative ermöglichen. Es galt jetzt zu entscheiden, ob die Einwohnergemeinde Olten das Anliegen unterstützen soll.
Die Diskussion: Fast alle waren dafür. Einzig die drei SVP-Vertreter Ruf, Borner und Winistörfer sprachen sich gegen das Anliegen aus. „Sie würden also schon verstehen, dass das für einzelne Betroffene ein wichtiges Thema sei, aber es sei eine Grundsatzfrage und die Initiative sei im Fall von einem Sozi mit ADHS lanciert worden, der selbst sehr wohl stimmberechtigt sei! Man müsse sparen, und die Situation am Bahnhof in Olten sei auch schlimm. Der Stadtrat solle sich lieber darum kümmern.”
Der Entscheid: Das Parlament entschied mit 34:3 Stimmen, dass die Einwohnergemeinde Olten die Initiative unterstützen soll.
Was Olten jetzt! dazu sagt: Wir sind froh, dass die Argumente von Ruf, Borner und Winistörfer nicht mal alle in der eigenen Fraktion zu überzeugen vermochten und die Unterstützung der Initiative vom Parlament klar befürwortet wurde.
Wie es weiter geht: Die Unterschriftensammlung der Initiative dauert noch bis Anfang Juni. Ob sich schliesslich zehn Gemeinden finden lassen, die das Anliegen unterstützen, ist noch nicht klar. Daher werden auch weiter «normale» Unterschriften gesammelt. Der Unterschriftenbogen kann hier heruntergeladen werden.
Neue Führungsorganisation im Amt für Kindes- und Erwachsenenschutz (AKES)
Rund die Hälfte der Mitarbeitenden hat das AKES im Verlauf der letzten zwei Jahre infolge Pensionierung oder Kündigung verlassen. Auf März hat zudem eine der beiden Co-Leiterinnen gekündigt. Durch eine Umstrukturierung und eine Kapazitätserhöhung im Führungsbereich soll sich die Situation stabilisieren und das AKES als Arbeitgeberin attraktiver werden.
Die Diskussion: Fast alle sahen den Nutzen des beantragten Vorgehens. Im Gegensatz zu vorangegangenen Anträgen aus der Abteilung des zuständigen Stadtrates Raphael Schär schienen die verteilten Unterlagen diesmal gut an die Informationsbedürfnisse der Parlamentsmitglieder angepasst zu sein. Auch die FDP sah ein, dass die Investitionen in zusätzliche Stellenprozente unter dem Strich zu einer Reduktion der Kosten führen werden.
Einzig die SVP scherte aus. Ursula Rüegg monierte, dass zu wenig detaillierte Angaben zu den Fallzahlen im Antrag enthalten seien. Philippe Ruf, selbst im Personalwesen tätig, bestand darauf, dass zusätzliches Führungspersonal hier gar nichts bringen würde.
Zudem scheint es nach wie vor einzelnen Ratsmitgliedern nicht klar zu sein, dass Kindes- und Erwachsenenschutz und Sozialhilfe zwei komplett unterschiedliche Themenbereiche sind. Da bringt es dann auch wenig, wenn man fordert, dass endlich mehr Fokus darauf gelegt werden soll, die Menschen in die Selbständigkeit zurückzuführen, um die Sozialkosten zu senken.
Der Entscheid: Der Antrag wurde mit 32:5 Stimmen klar bewilligt.
Was Olten jetzt! dazu sagt: Wir sehen grosse Fortschritte bei der Optimierung der Organisation der Sozialregion Olten seit der Amtsübernahme von Stadtrat Raphael Schär. Den klaren Ausgang der Abstimmung sehen wir als hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass in Zukunft die politischen Grabenkämpfe weniger auf dem Rücken der schwächsten Glieder der Oltner Gesellschaft ausgetragen werden.
Wie es weiter geht: Die neuen Stellen beim AKES werden ausgeschrieben, sobald die Referendumsfrist abgelaufen ist.
Olten sucht eine:n Digital Officer
Der Stadtrat hat erkannt, dass die Einwohnergemeinde Olten ein Defizit bei der digitalen Kompetenz hat. Er möchte daher die Stelle Digital Officer ausschreiben und beantragt beim Parlament die notwendigen finanziellen Mittel.
Die Diskussion: Die grundlegenden Überlegungen hinter dem Antrag gaben zu keinen Diskussionen Anlass. Man war sich einig, dass die Einführung einer Funktion Digital Officer eine wichtige und sinnvolle Investition für die Stadt ist.
Was jedoch zu reden gab, war die Einstufung der Funktion in Lohnklasse 21 und das im Antrag enthaltene Aufgabenprofil. Einerseits sind lediglich zehn Prozent der Arbeitszeit für strategische Arbeiten vorgesehen und andererseits sind sachfremde Elemente wie „Mitarbeit im Bereich Systemadministration” enthalten.
Es wurde in mehreren Voten darauf hingewiesen, dass die maximale Entlöhnung von 129 700 Franken (im Lohnband der Lohnklasse 21) nur knapp dem durchschnittlichen Anfangslohn einer/eines Chief Digital Officers ohne Berufserfahrung entsprechen würde.
Der Entscheid: Das Parlament bewilligte die Stelle einstimmig.
Was Olten jetzt! dazu sagt: Das Grundproblem bei dem Geschäft sehen wir darin, dass der Stadtrat die Problematik der fehlenden IT-Kompetenz in der obersten Führungsetage des Stadthauses noch nicht in ihrer gesamten Tragweite erkannt hat. Folglich wurde die neue Stelle von den Aufgaben und Kompetenzen her auch nicht so definiert, wie es der Bedeutung des Themas entsprechen würde. Daraus ergab sich dann auch folgerichtig die tiefe Einstufung nach dem städtischen Lohnreglement.
In einer Zeit, in der immer mehr Dienste als Cloud Services angeboten werden, und Microsoft auf bestem Weg ist, mit Office 365 in der Schweiz eine nie dagewesene Monopolstellung in Bildung, Forschung, Industrie und Verwaltung zu realisieren, wäre im Stadthaus eine Führungsperson mit ausgeprägter IT-Kompetenz dringender denn je.
Wir sind aktuell mit den anderen Fraktionen in Diskussion, wie wir den Stadtrat dabei unterstützen können, die Stadtverwaltung im Bereich Informatik vollends ins Jahr 2024 zu beamen.
Wie es weiter geht: Die Stadt wird nach Ablauf der Referendumsfrist die Stelle Digital Officer ausschreiben.