Sessionsbericht Mai 2025 – #2 Gebühren-Déjà-vu – zwischen Parkplätzen und Strassenmusik
Kaum vier Monate nach der Totalrevision kommt die Teilrevision. Nach ersten praktischen Erfahrungen mit dem neuen Reglement sieht der Stadtrat Anpassungsbedarf. Fast überall ist das Parlament einverstanden, ausser bei der Strassenmusik: Diese bleibt gebührenfrei.

Kaum vier Monate nach Inkrafttreten der Totalrevision der Gebührenordnung sieht sich das Oltner Gemeindeparlament bereits mit einer Teilrevision konfrontiert. Der Stadtrat begründet dies mit notwendigen Präzisierungen, dem Streben nach Praktikabilität und der Entlastung der Verwaltung.
In der Sessionsvorschau haben wir einen Überblick über die zur Diskussion stehenden Änderungen gegeben. Von besonderem Interesse war das Thema Strassenmusik, die neu mit einer Gebühr belegt werden soll und die vorgeschlagene Industrieparkkarte im Kleinholz, analog zur Parkkarte für Anwohnende.
Die Diskussion
Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) stimmt der Teilrevision zu, wobei es dem Komissionssprecher wichtig ist, klarzustellen, dass die im Artikel 18 (Gesteigerter Gemeingebrauch – Güterumschlag) erwähnte Gebühr für Güterumschlag nur dann anfalle, wenn die Stadt eine spezifische Dienstleistung erbringe, beispielsweise eine Absperrung.
Zum Artikel 49 (Parkplatzbewirtschaftung) stellt die GPK den Antrag, dass die erweiterten Bewirtschaftungszeiten von Montag bis Sonntag, 7 bis 21 Uhr beim Bahnhof und bei der Post auch für die untere Martin-Disteli-Strasse gelten sollen.
Der Stadtrat unterstützt den Antrag zu Artikel 49.
Die SP/Junge SP-Fraktion kritisiert die schnelle erneute Revision. Sie lehnte eine höhere Kompetenzgrenze beim Gebührenerlass ab und spricht sich vehement gegen eine Gebühr für Strassenmusik aus, da diese eine unkomplizierte Bereicherung des öffentlichen Lebens sei. Die neue Industrieparkkarte sieht sie kritisch, da sie das Pendeln mit dem Auto fördere. Sie wäre jedoch bei einem deutlich höheren Preis (Antrag: CHF 480–720) kompromissbereit.
Die Fraktion Mitte/GLP/EVP anerkennt den Anpassungsbedarf. Sie unterstützt die höhere Kompetenzgrenze beim Gebührenerlass und die Überlegungen des Stadtrats zu einer moderaten Gebühr für Strassenmusik sowie die Industrieparkkarte.
Die FDP sehen die Revision als Ergebnis praktischer Anwendung, kritisieren aber das erneute Aufgreifen bereits beschlossener Punkte wie die Gebühr für Strassenmusik, was der Reputation des Parlaments schade.
Die SVP-Fraktion begrüsst die Revision und fordert wirtschaftliche Vernunft bei Parkgebühren. Sie unterstützt die Industrieparkkarte, und unterstützt den von der FDP vorgeschlagenen tieferen Preis, um das Gewerbe noch mehr zu entlasten. Eine Gebühr für Strassenmusik wird als sachlich gerechtfertigt erachtet.
Olten jetzt! findet Ideen zur Effizienzsteigerung und zum Abbau interner Hürden sinnvoll. Zwei Anträge werden gestellt: Erstens soll die Strassenmusik kostenfrei bleiben. Zweitens soll die Industrieparkkarte durch einen gestaffelten Tarif mit CHF 120 für Elektrofahrzeuge bis CHF 360 für Verbrenner mit den Nachhaltigkeits- und Klimaschutzzielen in der Oltner Gemeindeordnung in Einklang gebracht werden.
Die Grüne/Junge Grüne versuchen mit zwei Anträgen, generell die Preise fürs Parkieren zu erhöhen. Da sich die Anträge jedoch auf Elemente des Reglements beziehen, für die in der aktuellen Revision keine Änderung vorgesehen ist, lässt das Parlament die Anträge nicht zu.
Der Entscheid
Das Parlament erhöht die Kompetenzgrenze für den Gebührenerlass durch Direktionen auf CHF 500. Die Strassenmusik bleibt gebührenfrei. Neu wird eine solidarische Haftung der Nachkommen bei Bestattungskosten eingeführt. Die Parkplätze bei der Post und um den Bahnhof werden zukünftig auch am Wochenende bewirtschaftet. Die Jahresgebühr für die neue Industrieparkkarte im Kleinholz wird auf CHF 240–360 festgelegt. In der Schlussabstimmung wird die Teilrevision der Gebührenordnung mit den beschlossenen Änderungen mit 37 Ja zu 1 Nein bei 1 Enthaltung angenommen.
Bezüglich der Industrieparkkarte waren vier Anträge gestellt worden. Olten jetzt! wollte ein gestaffeltes Preismodell, die FDP wollte eine Reduktion auf CHF 120 und die SP eine Erhöhung auf CHF 480–720. Der Stadtrat hatte CHF 240–360 vorgeschlagen.
Entsprechend der Geschäftsordnung (Art. 36) wurden die Anträge in einem Eliminationsverfahren gegeneinander zur Abstimmung gebracht. Die FDP gewann erst gegen Olten jetzt! dann gegen die SP und verlor schliesslich gegen den Stadtrat. Dieses Verfahren ist inhärent unfair, da die Anträge ganz unterschiedliche Anzahlen von Abstimmungen überstehen müssen. Der Antrag von Olten jetzt! zum Beispiel hätte im aktuellen Fall vermutlich Chancen gegen den Antrag des Stadtrates gehabt. Im Vorfeld hatten sich nämlich viele Parlamentsmitglieder, die in der letzten Abstimmung für den Stadtrat stimmten, für das gestaffelte Modell von Olten jetzt! ausgesprochen.
Der Gemeinderat der Stadt Zürich hat in seiner Geschäftsordnung für diesen Fall eine spannende Lösung (Art. 209) und umgeht so das oben beschriebene Problem elegant.
Liegen mehr als zwei gleichgeordnete Anträge vor, werden sie nebeneinander zur Abstimmung gebracht. Jedes Mitglied kann nur für einen dieser Anträge stimmen. Erreicht kein Antrag das absolute Mehr, fällt derjenige mit der geringsten Stimmenzahl aus der Abstimmung. Auf gleiche Weise wird zwischen den übriggebliebenen Anträgen abgestimmt, bis einer das absolute Mehr erreicht.
Das System wäre auch in Olten einfach umzusetzen und hätte im aktuellen Fall vermutlich zu einem anderen Resultat geführt. Abstimmungsverfahren haben immer Vor- und Nachteile; ob die Variante von Zürich schon optimal ist, untersuchen wir noch. Jedenfalls planen wir, einen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung einzureichen, um ein faireres Verfahren zu erhalten.
Was Olten jetzt! dazu sagt
Wir sind mit der Gebührenordnung, wie sie beschlossen wurde, zufrieden. Dass unser Antrag für eine Industrieparkkarte mit gestaffelter Gebühr (CHF 120 für E-Autos, CHF 240 für Hybridfahrzeuge, CHF 360 für Verbrenner) nicht angenommen wurde, schmerzt uns jedoch. Wir sehen gestaffelte Preise beim Parkieren als sinnvollen Ansatz, um den Umstieg auf klimafreundliche Fahrzeuge zu fördern. Vermutlich werden wir dieses Anliegen in einem eigenen Auftrag erneut einbringen.
Wie es weitergeht
Der Stadtrat ist mit dem Vollzug beauftragt. Die beschlossenen Änderungen unterstehen dem fakultativen Referendum. Ziel ist das Inkrafttreten der revidierten Erlasse per 1. Juli 2025