Frühbetreuung, Stadthaussanierung und ein Abschied – Sessionsbericht Januar 2025

Fast nur gute Laune im Parlament, alle Anträge des Stadtrates werden durchgewinkt: Kindergartenfrühbetreuung, Stellvertretungsregelung, Verwaltungsumstrukturierung und Stadthaussanierung. Nur die SVP ist am Schluss unzufrieden. Aber für einmal nicht wegen des Durchwinkens.

Frühbetreuung, Stadthaussanierung und ein Abschied – Sessionsbericht Januar 2025
Brutalism style tower in a lush garden / Prompted by Tobi Oetiker

Willkommen zum Sessionsbericht von Olten jetzt! Das Gemeindeparlament stimmt in der Januar-Sitzung der Frühbetreuung in Kindergärten zu. Es genehmigt die neue Stellvertretungsregelung und die Renovation der Stadthausterrasse. Nach den Sachgeschäften folgt eine intensive Debatte zur Sozialhilfe. Zum Schluss der Sitzung verabschiedet sich Stadtschreiber Markus Dietler nach über 20 Jahren im Amt mit einer Schnitzelbank.

Stellvertretungsregelung fürs Gemeindeparlament

Laura Schöni und Yaël Schindler forderten in einem vom Parlament erheblich erklärten Vorstoss: Parlamentsmitglieder sollen das Recht erhalten, sich bei Sitzungen vertreten zu lassen, wenn sie nicht teilnehmen können. Nun steht die Entscheidung über den Umsetzungsvorschlag des Stadtrates zur Debatte.

Die Diskussion

Schon bei der Diskussion des Auftrages von Schöni und Schindler zeigte sich, dass mehrere Parlamentsmitglieder der Idee einer Stellvertretung skeptisch gegenüberstehen. An dieser Haltung hat sich auch jetzt, wo ein konkreter Umsetzungsvorschlag zur Diskussion steht, nichts geändert. 

Während SP, Grüne und Olten jetzt! die Regelung als wichtigen Schritt zur besseren Repräsentation der Wähler:innenschaft und zur Modernisierung des Milizsystems betrachten, sehen FDP und SVP darin eine problematische Veränderung des Status-Quo. 

Zu einem zentralen Diskussionspunkt entwickelt sich die Länge der Voranmeldefrist. Der Stadtrat und eine Mehrheit der Fraktionen befürworten eine siebentägige Frist, während die Grünen und Olten jetzt! einen Antrag zur Verkürzung auf drei Tage befürworten.

Der Entscheid

Die Verkürzung der Karenzfrist auf drei Tage wird mit 26:10 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt, der Antrag des Stadtrates in der Schlussabstimmung mit 34:13 Stimmen angenommen. 

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Apropos Nachvollziehbarkeit von Parlamentsentscheiden

Mit der neuen elektronischen Abstimmungsanlage im Parlamentssaal wird seit letztem November das Stimmverhalten jedes Parlamentsmitgliedes automatisch dokumentiert. Das Abstimmungsprotokoll kann seit der Januar-Session jeweils am Tag nach der Parlamentssitzung auf der Website der Stadt eingesehen werden.

Was Olten jetzt! dazu sagt

Die Änderung der Gemeindeordnung schafft die rechtliche Grundlage für eine zeitgemässe Handhabung von Abwesenheiten im Parlament. Auch wenn nicht alle unsere Anliegen – insbesondere bezüglich der Voranmeldefrist – eine Mehrheit fanden, stellt die beschlossene Regelung eine substanzielle Verbesserung der bisherigen Situation dar.

Die offene Formulierung in der Gemeindeordnung – falls diese bei der Volksabstimmung im April bewilligt wird – ermöglicht es dem Parlament, die konkrete Ausgestaltung in der Geschäftsordnung bei Bedarf anzupassen. Diese Flexibilität ist wichtig, da erst die praktische Erfahrung zeigen wird, wo allenfalls Optimierungsbedarf besteht.

Mit Besorgnis haben wir die Art und Weise zur Kenntnis genommen, wie Mitglieder der SVP- und FDP-Fraktionen versuchten, mit Angst, Unsicherheit und Zweifeln (FUD – Fear, Uncertainty, Doubt) gegen die Vorlage zu argumentieren. Die Behauptung einer angeblichen «Aushebelung der demokratischen Legitimation» oder die Warnung vor «listen-internen Ränkespielen» entbehren jeder sachlichen Grundlage.

Wir wünschen uns eine Debattenkultur, die sich an Fakten orientiert, und in der das bessere Argument überzeugt. Die Erfahrungen anderer Gemeinden und Kantone zeigen klar: Stellvertretungsregelungen stärken das demokratische System, indem sie eine bessere politische Repräsentation ermöglichen.

Wie es weitergeht

Am 13. April, gleichzeitig mit der Wahl des Gemeindeparlaments, wird die Änderung der Gemeindeordnung zur Abstimmung vorgelegt.

Update der Organisationsstruktur der Stadtverwaltung

Der Oltner Stadtrat plant eine weitreichende Reorganisation im Rahmen der Umsetzung der Strategie «Frühe Kindheit 2024 bis 2029». Die Fachstelle Integration in der Direktion Präsidium war bisher sowohl für die Betreuung von Erwachsenen als auch für Kinder und Jugendliche zuständig. Diese Doppelaufgabe wird nun aufgeteilt: Die Fachstelle Integration wechselt in die Direktion Soziales; deren Fokus liegt künftig auf der Betreuung erwachsener Personen. Die Betreuung von Kindern und Jugendlichen wird neu der Fachstelle Kinder-, Jugend- und Familienförderung in der Direktion Bildung und Sport zugeordnet.

Diese Neustrukturierung zielt auf eine effizientere Verwaltungsorganisation ab und bündelt die Kompetenzen zielgruppenorientiert: Die Direktion Soziales verstärkt ihren gesellschaftlichen Aufgabenbereich, während die Direktion Bildung und Sport ihre bestehende Expertise im Kinder- und Jugendbereich ausbaut. Der Stadtrat verspricht sich von dieser Reorganisation eine Optimierung der Verwaltungsabläufe und eine qualitative Verbesserung der Dienstleistungen für die Bevölkerung.

Die Diskussion

Die Parlamentsdebatte zur Verwaltungsreorganisation in Olten zeigt eine bemerkenswerte politische Einigkeit: Alle Fraktionen unterstützen grundsätzlich die neue Strukturierung.

Differenzierter wird die Diskussion bei der geplanten Verschiebung des Migrationsbeirats weg von der Direktion Präsidium. Insbesondere die SP/Junge SP und Olten jetzt! geben der Sorge Ausdruck, dass dies als Abwertung der Migrationsthematik missverstanden werden könnte. Der Stadtrat kann diese Bedenken jedoch durch die klare Zusicherung ausräumen, dass die Kompetenzen des Beirats unverändert bleiben und der direkte Zugang zum Stadtrat weiterhin gewährleistet ist.

In seinem Votum erklärt der Stadtpräsident, dass sich die Direktion Soziales so zu einer Direktion für Soziales und Gesellschaft entwickelt. Diese Neupositionierung unterstreicht den Anspruch, gesellschaftspolitische Themen wie Migration, Alter und freiwilliges Engagement künftig noch stärker als bisher in ihrer Gesamtheit zu betrachten. In diesem Licht erscheint die neue Verortung des Migrationsbeirats nicht als Abwertung, sondern als Teil einer umfassenden Stärkung des gesellschaftlichen Bereichs.

Der Entscheid

Die Vorlage zur Reorganisation wird einstimmig angenommen.

Was Olten jetzt! dazu sagt

Wir sind überzeugt, dass die Neupositionierung der Direktion Soziales im Bereich Gesellschaft ein grosses Potenzial hat. Eine Namensänderung in «Direktion Gesellschaft und Soziales» würde diese Veränderung noch klarer gegen aussen tragen.

Unsere Sorge in Bezug auf die organisatorische Einordnung des Migrationsbeirats hatte nichts damit zu tun, dass er sich neu in der Direktion Soziales befindet. Es ging uns ausschliesslich darum, dass die Verschiebung weg von der Direktion Präsidium von Dritten als Abwertung gedeutet werden könnte.

Wie es weitergeht

Der Stadtrat wird den Beschluss umsetzen.

Renovation der Stadthausterrasse

Der Stadtrat beantragt einen Kredit von 2,9 Millionen für die umfassende Sanierung der Terrasse des Stadthauses im ersten Stock. Der bestehende Flachdachaufbau hat seine Lebensdauer erreicht und weist erhebliche Mängel auf, wodurch an verschiedenen Stellen in den Büros und im Foyer Wasser ins Gebäude eindringt.

Neben der Wiederherstellung der Dichtigkeit zielt das Projekt auf eine energetische Optimierung der Gebäudehülle ab. Die Terrasse wird zudem als naturnaher Aussenraum neu gestaltet, wobei ein Rundweg mit saisonal blühender Bepflanzung die Biodiversität fördert und gleichzeitig als Naturlehrpfad für das angrenzende Naturmuseum dient.

Die Diskussion

Die Sanierung der Stadthausterrasse wird von allen Fraktionen unterstützt. Die Dringlichkeit ist für alle offensichtlich – nicht zuletzt wegen der Plastikeimer, die bei Regen in den Gängen stehen, und der sich bereits lösenden Deckenteile. 

Besonders intensiv diskutiert werden die praktischen Aspekte der künftigen öffentlichen Nutzung der Terrasse: Von den Öffnungszeiten über die Barrierefreiheit bis hin zum zusätzlichen Unterhalt gilt es viele Details zu klären. Dennoch herrscht über die geplante Begrünung und die grundsätzliche Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit weitgehend Einigkeit.

Die Grüne Fraktion bringt konstruktive Vorschläge ein, wie die Stadt bei diesem Projekt ihre Vorbildfunktion in Sachen Nachhaltigkeit wahrnehmen kann. Von der Materialwahl bis zur Energieeffizienz sieht die Fraktion die Chance, Massstäbe zu setzen und die lokale Bauwirtschaft mitzunehmen. Ihr Wunsch nach detaillierteren technischen Angaben in künftigen Anträgen – etwa zu Dämmwerten oder Wassermanagement – zielt dabei vor allem auf die bessere Vergleichbarkeit von Sanierungsprojekten ab.

Beat Felber von der Mitte/GLP/EVP-Fraktion regt an, in künftigen Anträgen auch verworfene Projektvarianten kurz zu erwähnen und zu begründen – etwa warum eine Photovoltaikanlage hier nicht in Frage kommt. Dies nicht, um zusätzliche Studien zu fordern, sondern um die Entscheidungsfindung transparenter zu machen.

Stadträtin Marion Rauber begegnet den Anliegen mit einer pragmatischen Position: Die Verwaltung arbeite bereits nach Richtlinien für nachhaltige Beschaffung und stehe für Detailfragen jederzeit zur Verfügung. Zugleich gelte es, eine Balance zwischen schlanken Anträgen und ausreichender Information zu finden.

Der Entscheid

Das Parlament stimmt dem Kreditantrag des Stadtrates einstimmig zu.

Was Olten jetzt! dazu sagt

Wir begrüssen die laufenden Investitionen in den Unterhalt der städtischen Infrastruktur.

Wie es weitergeht

Die Renovation wird zwischen Sommer 2025 und Frühjahr 2026 durchgeführt.

Beat Felbers Wunsch nach Information über nicht realisierbare Projektideen hat uns inspiriert, ein paar solche zu erfinden.

ACHTUNG! SATIRE!

Städtisches Saunadorf «Dampf über Olten»

Die Installation eines öffentlichen Saunadorfes wurde aufgrund der zusätzlich erforderlichen statischen Verstärkungen (Gewicht der Wasserbecken) verworfen. Die geschätzten Mehrkosten von 1,2 Millionen für die notwendige Wasseraufbereitungsanlage sowie das Veto der neuen Umweltfachstelle wegen des hohen Energieverbrauchs waren weitere Ausschlusskriterien.

Kinder-Erlebniswelt «Stadthaus-Räuber»

Die verlockende Idee einer Kinder-Erlebniswelt auf der Stadthausterrasse musste nach eingehender Prüfung verworfen werden. Die geplanten losen Spielmaterialien wie Schaufeln, Holz, Bälle oder Fahrzeuge könnten – auch bei vorschriftsmässiger Einzäunung – durch spielerischen Übermut unbeabsichtigt über die Brüstung gelangen und so Passant:innen gefährden.

Der Vorschlag, ausschliesslich fest verschraubte Spielgeräte zu installieren, wurde von der Fachstelle Kinder-, Jugend- und Familienförderung als «pädagogisch wertvoll wie ein Gummibärenmuseum» abgelehnt.

Städtische Kletterwand «Vertical Administration»

Die Erschliessung der Fassade als Kletteranlage in Zusammenarbeit mit dem «momentum» wurde intensiv geprüft, jedoch aufgrund der nicht zu gewährleistenden Privatsphäre in den Büroräumen verworfen. Die notwendige Installationsbeleuchtung für nächtliches Klettern sowie die erforderliche Rettungsplattform auf dem Dach hätten die Kosten um weitere 800'000 Franken erhöht.

Rooftop-Kartbahn «Grand Prix of Government»

Die ursprünglich angedachte Idee einer Elektro-Kartbahn musste trotz innovativem Konzept aufgegeben werden. Die Machbarkeitsstudie zeigte, dass die durch die Fahrzeuge erzeugte Vibration die Arbeit in den darunterliegenden Büros erheblich gestört hätte.

Mit besten Grüssen
Das Architekturteam von Olten jetzt!

Frühbetreuung (Einlaufzeiten) im Kindergarten

Ab Sommer 2025 will die Stadt eine Frühbetreuung von 7:45 bis 8:15 Uhr für Kindergartenkinder anbieten, und so eine einheitliche Schul-Anfangszeit für alle Kinder in der Primarstufe ermöglichen. In der Sessions-Vorschau haben wir schon ausführlich über dieses Geschäft berichtet

Die Diskussion

Die Diskussion zeigt eine breite Unterstützung für das Vorhaben.

Während dem Pilotprojekt ist das Angebot gratis. Damit sind nicht alle einverstanden. Während die FDP-Fraktion sich grundsätzlich für eine Kostenpflichtigkeit des Angebots ausspricht, unterstützen andere Fraktionen, insbesondere die SP und die Grünen, den kostenlosen Pilotbetrieb. Die SVP mahnt an, dass die Kostenfrage nach der Pilotphase nochmals grundsätzlich diskutiert werden müsse.

Intensiv debattiert wird die Dauer des Pilotprojekts. Die GPK beantragt eine Verkürzung von drei auf zwei Jahre, um bei hoher Nachfrage schneller reagieren zu können. Der Stadtrat erklärt dazu, dass man auf das Schuljahr 2026/27 die Ressourcen dem tatsächlichen Bedarf anpassen werde. Die dreijährige Dauer sei gewählt worden, um eine Abstimmung mit dem Pilotbetrieb der Tagesstruktur Kleinholz zu ermöglichen. Der GPK-Antrag wird mit 28 zu 9 Stimmen abgelehnt.

Die Kurzfristigkeit der Umsetzung wird von mehreren Fraktionen als «sportlich» bezeichnet. Die FDP und Olten jetzt! weisen auf den erheblichen zusätzlichen Aufwand für Schulleitungen und Kindergartenlehrpersonen hin, sowohl jetzt bei der Planung als auch später bei der Umsetzung.

Der Entscheid

Trotz dieser kritischen Punkte überwiegt die positive Einschätzung des Projekts als wichtiger Schritt zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies spiegelt sich im einstimmigen Beschluss mit 37 zu 0 Stimmen wider.

Was Olten jetzt! dazu sagt

Ab so viel Zustimmung wird uns fast etwas schwindlig. Die Umsetzung der schulexternen Kinderbetreuung nimmt Fahrt auf und das mit breiter politischer Unterstützung. Was könnte es Besseres geben, um die Attraktivität von Olten als Wohnort für Familien weiter zu steigern. Freude herrscht!

Wie es weitergeht

In den nächsten Wochen werden die Eltern eingeladen, ihre Kinder im Kindergartenalter zur Frühbetreuung anzumelden.

Interpellation: Entwicklung und Ziele der Sozialhilfe

Nach den regulären Traktanden des Stadtrats steht die Behandlung der Interpellation von Ursula Rüegg und Robin Kiefer (SVP) zur Sozialhilfe in Olten an. Dieser parlamentarische Vorstoss ist ein interessantes Beispiel, wie die Fehlinterpretationen statistischer Daten und eine unzureichende Differenzierung zwischen verschiedenen Verwaltungseinheiten – gekoppelt mit einer kritischen Grundhaltung – zu haltlosen Vorwürfen und ungerechtfertigten Anschuldigungen führen kann.

Bereits in der Einleitung ihres Vorstosses verknüpfen Rüegg und Kiefer die personellen Aufstockungen in der Direktion Soziales mit der Sozialhilfequote. Obwohl, wie der Stadtrat in seiner Antwort deutlich macht, der Hauptteil der zusätzlichen Stellen für das Amt für Kindes- und Erwachsenenschutz (AKES) geschaffen wurde und nicht für die Sozialhilfe. Diese Vermischung der beiden Bereiche führt zu einer verzerrten Ausgangslage für die nachfolgenden Fragen.

Die Sozialhilfequote von 5,1 Prozent, die das Bundesamt für Statistik für Olten ausweist, erscheint auf den ersten Blick, und im Vergleich zum kantonalen Durchschnitt von 3,2 Prozent, als hoch. Vermutlich war dies eine der Motivationen, die Interpellation überhaupt zu verfassen.

Der Stadtrat erklärt in seiner Antwort ausführlich, dass diese Zahlen differenziert betrachtet werden müssen. Die in der Interpellation explizit erfragte Sozialhilfequote an einem Stichtag liegt nämlich deutlich tiefer. Die städtische Erhebung per 31. Dezember 2023 weist eine Quote von lediglich 3,8 Prozent aus. Die Ursache für den grossen Unterschied ist die Erhebungsmethode: Während die Bundesstatistik alle Personen erfasst, die im Verlauf eines Jahres Sozialhilfe bezogen haben, unabhängig von der Dauer, basiert die angefragte kommunale Statistik auf einer Stichtagserhebung.

Die Situation der Stadt Olten als Zentrum der Region trägt massgeblich zu den stark unterschiedlichen Zahlen bei. Die zentrale Lage, der verfügbare Wohnraum und die gute Verkersinfrastruktur führen zu einer höheren Fluktuation unter den Menschen, die Sozialhilfe beziehen. Dies bedeutet, dass im Jahresverlauf mehr Menschen kurzzeitig Unterstützung beziehen als in ländlicheren Gebieten, wo die Population eher stabil ist.

Der Stadtrat erklärt in seiner Antwort zudem die Auswirkungen der Einführung des integralen Integrationsmodells seit März 2024. Dieses neue Konzept zielt darauf ab, Menschen schneller und nachhaltiger wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Erste Erfahrungen zeigen, dass etwa die Hälfte der Neuanmeldungen nach einer ersten intensiven Betreuungsphase direkt wieder in den regulären Arbeitsmarkt entlassen  werden kann. Ein weiterer Grund, warum in Olten die Dauer des Sozialhilfebezugs sinkt.

Die städtische Sozialhilfe unterliegt bei ihrer Arbeit einer mehrstufigen Kontrolle. Alle sechs Monate werden die Fälle auf Sozialversicherungsansprüche überprüft, jährlich erfolgt eine umfassende Überprüfung. Zusätzlich werden zehn Prozent der Fälle durch eine externe Firma kontrolliert.

Der Stadtrat betont, dass die Höhe der Sozialhilfequote von verschiedenen Faktoren abhängt, die über den direkten Einflussbereich der Sozialhilfe hinausgehen. Eine nachhaltige Verbesserung der Situation erfordert daher eine umfassende Stadtentwicklung, besonders im Bereich des Wohnungsmarktes und der sozialen Quartiergestaltung.

Die Diskussion

Zur Eröffnung der parlamentarischen Diskussion wird Ursula Rüegg vom Parlamentspräsidenten gefragt, ob sie mit der Antwort des Stadtrates zufrieden sei. Das ist sie nicht.

In ihrem Votum erhebt Rüegg schwere Vorwürfe gegen die Mitarbeitenden der Direktion Soziales und gegen den zuständigen Stadtrat. Die Erläuterungen zu den unterschiedlichen Erhebungsmethoden der Fallzahlen lässt sie nicht gelten.

Auch die detaillierten Erklärungen zu Stellen und Fallzahlen akzeptiert sie nicht. Sie unterstellt den Personen, welche die Antworten verfasst haben, Inkompetenz im Umgang mit Zahlen und Informatikmitteln. Zum Abschluss kommt noch ein Rundumschlag gegen die Mitarbeitenden der Sozialdirektion, die den zuständigen Stadtrat mit falschen Informationen versorgen würden, und diesen so auf das Parlament «loslassen» würden.

In seiner Replik äussert sich Stadtrat Raphael Schär erst konsterniert über den Angriff, antwortet dann aber sachlich auf die inhaltlichen Aspekte und versucht, die offenen Fragen zu klären.

Wie weitere Voten aus dem Parlament zeigen, ist noch nicht allen klar, wie das mit den unterschiedlichen Erhebungsmethoden zu den Fallzahlen funktioniert. 

Ursula Rüegg wiederholt in ihrem abschliessenden Votum, dass die Antwort sie nicht befriedige, sowie dass der Stadtrat nicht die gewünschten Antworten geliefert habe und von seiner Direktion mit falschen Informationen versorgt werde.

Was Olten jetzt! dazu sagt

Interpellationen im Gemeindeparlament bestehen oft zu grossen Teilen aus rhetorischen Fragen. Das ist zwar nicht in unserem Sinn, aber das Vorgehen ist natürlich völlig legitim. Es ist auch absolut ok, wenn man mit den Antworten nicht zufrieden ist und diese kritisch hinterfragt. Was uns am Votum der Interpellantin stört, sind die Angriffe auf die professionelle und persönliche Integrität der beteiligten Personen.

Dass Rüegg betont, ihre Kritik beziehe sich nur auf die Mitarbeitenden der Direktion, macht die Sache nicht besser. Stadtrat Schär hat die Führungsverantwortung für seine Direktion. Der Vorwurf, die Verwaltung würde ihren Vorgesetzten mit falschen Informationen versorgen, wiegt besonders schwer: Zum einen richtet er sich gegen Personen, die sich im Parlament nicht zur Wehr setzen können. Zum anderen unterstellt er dem Stadtrat implizit, er sei nicht in der Lage, die Qualität der Informationen aus seiner eigenen Direktion zu beurteilen. Beides sind inakzeptable Unterstellungen.

Wir wünschen uns, genau wie das Daryl Fiechter (Mitte) in der Debatte sagte, einen wertschätzenden Umgangston im Parlament und mit den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung. Denn wir alle – in Politik und Verwaltung – engagieren uns, weil wir das Beste wollen für unsere Stadt und die Menschen, die hier wohnen. Das verdient Anerkennung, auch dann, wenn wir uns nicht immer einig sind, was «das Beste» genau ist.

Wir sind überzeugt, dass eine faktenbasierte Diskussion stets der beste Weg ist – auch dann, wenn die Fakten nicht unsere ursprünglichen Vermutungen stützen. Nur so können wir zu sachlichen und konstruktiven Lösungen gelangen.

Goodbye Markus

Am Ende der Sitzung verabschiedet sich Stadtschreiber Markus Dietler mit einer ungewohnt direkten und viel beklatschten Schnitzelbank von den Parlamentsmitgliedern. Er wird Ende Februar, nach über 20 Jahren im Amt, pensioniert. 

Lieber Markus, wir danken dir für deinen unermüdlichen Einsatz für die Einwohnergemeinde und für die Stadt. Wir haben deine unaufgeregte Art und deine effiziente Arbeitsweise sehr geschätzt. Bei deinen zukünftigen Projekten und Vorhaben wünschen wir dir Erfolg und weiterhin viel Gelassenheit.